18660923 01 Storm Alpennordseite: Unterschied zwischen den Versionen

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== Ursachen- und Ereignisanalyse ==
== Ursachen- und Ereignisanalyse ==
Der Sturm vom 23. September 1866 kann als Typus eines gut ausgeprägten Herbstföhns angesehen werden.<br/>
Er ist von Dufour in einer Monographie sehr gründlich und allseitig untersucht worden.<br/>


3. Verhältniss der Minima zum Normaldruck.<br/>
Obgleich der atmosphärische Druck im ganzen centralen und westlichen Europa am 22. und 23. September 1866 unter seiner normalen Höhe stand,<br/>
so war doch seine Abweichung von dieser Normalhöhe in verschiedenen Ländergebieten eine ganz verschiedene.<br/>
Ueber dem Canal war am 22. der Luftdruck etwa 18mm unter der Normalhöhe, während er in der Schweiz zu derselben Zeit nur 6 bis 8mm unter dem Mittel sich befand.<br/>
An der Westküste Frankreichs betrug die Verminderung des Luftdrucks etwa 15mm.<br/>
Im Süden dieses Landes war sie etwas geringer, noch geringer im Südwesten Europas jenseits des Pyrenäengebirges.<br/>
In Italien , besonders im südlichen Theil dieser Halbinsel war der atmosphärische Druck gleich oder um ein geringer.<br/><br/>
Es war sonach die absolute Depression in der westlichen und nördlichen Schweiz, sowie in den tief gelegenen Thalstationen stärker als auf der hohen Alpenkette.<br/>
Nachstehende Uebersicht giebt die annähernden Werte für den Abstand zwischen dem Normaldruck und dem Druck, wie er am 23. September beobachtet wurde:
Nord Westküsten Europas — 15 bis — 22mm, Mittleres und südliches Deutschland — 10 bis — 17mm.
Die Vertheilung des atmosphärischen Druckes über Europa war also während dieser Föhnperiode eine sehr ungleichmässige.<br/>
Der Druck nahm ab in der Richtung einer Linie, die von Südost nach Nordwest verläuft.<br/>
Zwischen dem Alpengebiet und dem Canal betrug seine Verminderung am 22. September, also an dem Tage, an welchem der Föhn in der Schweiz zu wehen begann, IG bis 18 mm.<br/>
Diese Verminderung behielt am 23. und 24., wo der Föhn zu wirken fortfuhr, in gleichem Sinne Bestand.<br/>
Im Norden Europas, namentlich über der skandinavischen Halbinsel war der Druck am 22. ziemlich derselbe wie über dem Canal.<br/>
Er nahm also von den Alpen ausgehend auch gegen Norden hin ab ; aber wenn man die Entfernungen in Anschlag bringt, so stellt sich heraus, dass die Linie des stärksten Sturzes unverkennbar von Südost nach Nordwest verläuft und unmittelbar am Nordhang der Alpen die rascheste Abnahme Stattfand.<br/>
Am Südfuss der Alpen hat Lugano den 22. September südwestlichen, südlichen und südöstlichen Wolkenzug.<br/>
Ueber Faido ziehen die Wolken am gleichen Tage aus Süden; über Bellinzona zuerst aus Nord, dann gleichfalls aus Süd.<br/>
Die Jurastationen le Sentier, Ste. Croix, Chaumont, Neuchâtel, la Chaux de Fonds und Solothurn haben ausnahmslos während der Dauer der ganzen Föhnperiode südwestlichen Wolkenzug.<br/>
Am Nordfuss der Alpen verrieth der Wolkenzug in den oberen Regionen der Atmosphäre im Allgemeinen südliche Richtung der bewegten Luftmassen, während in den unteren südwestliche
und südöstliche Strömungen vorherrschten.<br/>
Auf dem Splügen und in Altdorf zogen die Wolken beständig aus Süden; in Thusis und Grächen aus Süd und Südwest; in Bex aus Südwest und Westsüdwest bis zum 22., dem Tage, wo der Föhn begann; von da ab rein aus Süd.<br/>
Zu Martigny bewegten sich die Wolken der höchsten Regionen gleichfalls von Süd nach Nord, während tiefer unten und am Grunde des Thaies südöstliche Luftbewegung herrschte.<br/>
Im Gebiet der Ormondsthäler liessen sich deutlich zwei über einanderliegende Wolkenschichten unterscheiden.<br/>
Während die untere, die nach annähernder Schätzung in einer Höhe von 2700 m schwebte, vom Föhn mit grosser Schnelligkeit von Süd nach Nord getrieben wurde, bewegte sich die obere aus sehr
leichtem Cirrostratusgewölk bestehende Schicht in der Richtung von Südwest nach Nordost.<br/>
Beachtenswerth und wichtig für die Theorie des Föhns ist die Thatsache, dass, während am 21. und 22. September, also zu der Zeit, wo der Föhn seinen Anfang nahm, die Richtung der Wolken auf den meisten Stationen eine südwestliche war, diese Richtung an den beiden folgenden Tagen ziemlich allgemein eine fast ausschliesslich südliche wird.<br/>
So zeigt der Wolkenzug in Montreux erst Südwest, dann Süd an; in Bex Südwest, dann Süd, am 25. sogar Südost; in Grächen West und Südwest, dann Süd; auf dem Simplon am 23. und 24.
zur Zeit der grössten Heftigkeit des Sturm es Südwest, am 25. gleichfalls Süd; in Reckingen am 21. Südwest, am 23. und 24. Süd; in Rathhausen und Zug zuerst Südwest, dann Süd; in Altstätten
Südwest, dann Süd und Südost; in Sargans, Thusis und Bevers Südwest, dann Süd.<br/>
Im Montavon, wo, wie wir oben gesehen haben, der Föhn vorwiegend aus Südosten kommt, ist er fast ausnahmslos von südwestlichem Wolkenzüge begleitet.<br/>
Auch auf anderen Stationen gemachte Beobachtungen bestätigen mit grosser Uebereinstimmung, dass, unabhängig von der ganz verschiedenen Richtung, welche der Föhn durch die Bodengestaltung in den unteren Regionen der Atmosphäre anzunehmen genöthigt wird, der diesen Wind begleitende Wolkenzug in den höheren Regionen, die von dem Bodenrelief nicht mehr beeinflusst werden, eine vorwiegend südwestliche Richtung zeigt.<br/>
Fassen wir nun kurz zusammen, was in der vorstehenden Untersuchung ermittelt wurde über die verschiedenen Richtungen, welche die Luftbewegung bei Föhnwind annimmt, so ergab sich,
dass dieselbe nicht nur eine horizontale war, welche durch die verschiedene Richtung der Thäler und die Gestalt der sie umschliessenden Erhebungsmassen mannigfach beeinflusst wurde,<br/>
sondern auch eine mehr oder minder verticale Linie darstellte, deren grössere oder geringere Neigung zur Horizontalebene wiederum von der Horizontaldistance und der relativen Höhe der
Bergmassivs abhing, über deren Gipfel und Kämme die bewegte Föhnluft sich herabstürzte, dass aber dabei in den höheren dem Einfluss des Gebirgsreliefs entrückten Regionen der Atmosphäre
ein Wolkenzug zu beobachten ist, der unabhängig von der am Boden herrschenden Richtung des Windes ein vorwiegend südwestlicher war und so die wahre Richtung des Föhns rein und ungetrü
bt zum Ausdruck brachte.<br/><br/>


==Historische Quellen==
==Historische Quellen==

Version vom 1. März 2017, 21:59 Uhr

Quick Facts

Type of Event Foehn storm
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Alps and north of Alps
Time / Duration Long-time event
Date 23.09.1866 in the morning
Magnitude / Dimension >120km/h
Damage / Impact -
Fatalities -
Injuries -
Report Source historical reports
Remarks -


Ereignis

Föhnsturm vom 23. September 1866


W enn daher im Folgenden einige von den diesbezüglichen M ittheilungen, welche D u f o u r l) in seinen U ntersuchungen über den Föhn vom 23. Septem ber 1866 m it grosser Sorgfalt zusam m engestellt h a t, auszugsweise wiedergegeben werden, so haben diese A ngaben selbstverständlich n u r relativen W erth und können fü r eine vergleichende Schätzung des verschiedenen Intensitätsgrades, m it welchem der Föhn an den verschiedenen O rten auftrat, füglich n icht verw endet werden; ja es m uss sogar bedenklich erscheinen, wenn D u f o u r aus diesen M ittheilungen den Schluss zieht, dass der F öhn vom 23. Septem ber a u f den hoch gelegenen B ergstationen, wie St. B ernhard, Zerm att, Grächen, Simplon, St. G otthard, Bernardin und anderen, weniger heftig aufgetreten sei als in den meisten tiefer gelegenen Thalstationen. A us den nachstehenden ganz allgemein gehaltenen M ittheilungen wird sich von selbst ergeben, dass sie zu einer derartigen Schlussfolgerung durchaus nicht berechtigen. F riedrichshafen. Die W ellen des Sees wurden von dem Föhn m it furchtbarer G ew alt gegen die U fer getrieben; sie schlugen an die U fer- und H äuserm auern an, dass das W asser haushoch aufspritzte und zwischen zwei H äuserreihen hindurch auch die D ächer der jenseits der Strasse liegenden H äuser nässte. D ie Stadtm auer gegen den See wurde a u f zwei M eter S tärke durchbrochen L u zern . D iesm al entwickelte der F öhn eine H eftigkeit, wie er sie seit dem Ja h re 1857 nicht m ehr gezeigt hat. In V itznau, W äggis und Meggen h a t er die Bäum e stark beschädigt. Viele sind entwurzelt worden, oder haben ihre B lätter und F rüchte verloren. G uttannen. D er O rkan w ar schon am 22. au f der Grimsel wie in G uttannen sehr heftig. Beim Grimselhospiz bekundet er sich meist n u r durch E rhöhung der T em peratur; erst einige K ilometer weiter thalabw ärts wird die Bewegung der L u ft fühlbar und immer deutlicher, je weiter m an hiuabsteigt. D er Föhn vom 23. tra t also ausnahmsweise schon beim Hospiz als ein wahrer O rkan auf. Sim plon. D er F öhn wehte am 23. und 24. m it ungewöhnlicher S tärke; seine H eftigkeit w ar so gross, dass trotz der D oppelfenster das W asser in die G em ächer des Hospizes drang. Z erm a tt. D er Föhn war sehr heftig. A u f dem Riffel wurde die Südwestseite des H oteldaches sta rk beschädigt. Gliss. Im Lötschenthale erhob sich der F öhn am 23. Seit Menschengedenken war er nicht m ehr so heftig wie diesmal. M a rtig n y. Am 23. von 5 Va bis 8 U hr Morgens raste der Sturm m it einer W uth, wie er sie fast seit einem halben Jah rh u n d ert nicht m ehr gezeigt hatte. In einem etwa 1000 m hoch gelegenen W alde am Chemin entwurzelte er m ehr als hundert Lärchen. In der N ähe von M artigny wurde das kurz vorher geschnittene Em d einer W iese m it fortgeführt und zerstreut. Val d! E ntrem oni. D er F öhn wüthete am 23. in der ganzen L änge des Thaies au f das F urchtbarste. V iele Bäum e wurden zerbrochen. In Bovernier wurden die stärksten K astanien niedergeworfen. B ex. W as die In ten sität des Föhns vom 23. betrifft, so wissen sich unsere ältesten G reise seit dem Ja h re 1813 an nichts Aehnliches zu erinnern. In der Gemeinde Bex wurden m ehr als tausend Bäum e entwurzelt oder zerbrochen, unter ihnen auch der in der M itte des Dorfes stehende Freiheitsbaum . In unm ittelbarer N ähe von Bex wurden vier grosse E ichen von 40 bis 50 «m D urchm esser m it der W urzel aus dem Boden gerissen, mehrere andere m itten durch gespalten. Beim B ahnhof von Bex wurden zwei grosse Bretterstösse vom F öhn dem olirt; die B retter wurden m it fortgerissen, wie Strohhalm e durch die L u ft gewirbelt und weit um hergestreut. Frenières. Am 22. wurden einige O bstbäum e entwurzelt und mehrere D ächer stark beschädigt; in den benachbarten W äldern entwurzelte und w arf der F öhn viele Bäume. L es P lans. A m Morgen des 23. zwischen 8 und 11 U hr war der Sturm so stark, dass er Bäum e entwurzelte, D ächer abdeckte und grosse Steine und dicke B alken m it fortführte. In einem nahen Buchenwalde wurde ein halbes D utzend Bäum e au f einen Stoss niedergeworfen. O rm onds. Am 22. A bends zwischen 9 und 11 U h r erreichte die H eftigkeit des Föhns ih r M aximum. U m diese Zeit fanden die heftigsten Stösse S ta tt, wie m an sie seit lange n icht w ahrgenommen hatte. V iele Bäum e wurden entwurzelt, mehrere D ächer abgedeckt und die Schindeln weit um hergestreut P a ys cV E v h a u t. Selten ist hier der Föhn so heftig gewesen wie diesmal. E r h a t die D ächer m ehrerer H äu ser m it fortgeführt oder stark beschädigt. Villeneuve. Am Morgen des 23. gegen 10 U h r wurde der F ö h n so heftig, dass er die Ziegeln von den D ächern riss und in den Strassen um herstreute. Im W eiler Chaude wurde eine H ü tte n wand von ihm eingedrückt und m ehrere Bäum e umgeworfen. Vevey. D er Sturm entwickelte eine ungewöhnliche S tärke Seit Jahrzehnten sah m an den See n icht so hoch gehen. Vuadens. D er F öhn zeigt sich hier sehr selten und n u r dan n , wenn er aussergewöhnlich heftig auftritt. Am 23. Septem ber wurde er hier seit zwanzig Jah ren zum erstenm al wieder wahrgenommen. Sam oens. Im G runde der T häler w ar hier der Sturm weniger heftig; aber a u f den H öhen w arf er Bäum e um , deckte D ächer ab, führte das geschnittene G etreide weit fort und peitschte die K örner aus den reifen A ehren. C ham onix. D er W ind stürzte vom M er de G lace herab und bohrte sich ins T hal hinein, wo er besonders in den W äldern arge V erw üstungen anrichtete. A uch in anderen F ällen als in dem eben besprochenen entwickelt der F öhn stellen weis eine ganz unglaubliche Vehemenz, selbst in Thalgebieten, in denen er im Allgemeinen weniger häufig und weniger heftig auftritt. E s ist dies nam entlich der F a ll in denjenigen Querthälern der C entralalpen, die die L ängsaxe des Gebirges rechtw inklig schneiden und in ihrem treppenförm ig ansteigenden Stufenbau einen W echsel von E ngschluchten und erweiterten Becken bieten, wie sie sich sehr g ut ausgeprägt finden in dem zwischen M eiringen und der Grimsel liegenden Theile des A areth aies, das unter dem N am en des O berhasli b ekannt ist. Steigt m an von Meiringen aus dem L aufe der A are entgegen, so gelangt m an zur finsteren Schlauche, der ersten jener Felsengassen, die sich die W asser der A are durch den Q uerriegel des K irchets gesägt haben. A m oberen A usgange dieses Engpasses öffnet sich ein weiter elliptisch gestalteter T h alkessel, dessen sehr bezeichnender N am e im G ru n d schon d arau fhindeutet, dass er vor Zeiten ebenso wie der flache Thalboden von M eiringen, d er von den W assern des dam als noch vereinigten Brienzer- und Thunersees überfluthet war, einen Bergsee bildete, der erst nach dem R ü c k tritt des grossen vom K irchet bis über T hun hinaus reichenden Aaresees durch die Einsägung der finsteren Schlauche d rain irt wurde. A m Südende dieses ehemaligen Seebeckens von H asli im G rund treten die Felsenpiedestale der beiderseitigen Thalw ände wieder so dicht an einander heran, dass sie zwischen den W eilern der äusseren und inneren U rweid eine enge schluchtartige Gasse bilden, die von dem an der rechten Thalseite niederschäum enden Zubenbache den N am en au f Zuben erhalten h at und eben n u r so breit ist, dass Strom- und Saum strasse m it M ühe neben einander sich hindurchw inden können. H a t m an diese enge Schlucht hinter sich, so b etritt m an bei den H ü tte n der inneren Urweid eine flache T halm ulde, die zwar bedeutend schm aler ist als die von im G runcl, aber durch den N am en des hier liegenden W eilers im B oden ganz ebenso richtig als alter Seeboden charakterisirt wird, wie jene, und je tzt zahlreiche Law inen aufnim m t, die hier im W in ter und F rü h ja h r ihre unermesslichen Schneelasten von den umliegenden Bergen herabwälzen. D a, wo das Ritzlihorn seinen Felsenfuss breit und massig ins T hal stellt, verengt sich die Sohle desselben aberm als derartig, dass der zur Grimsel em porführeude Saum pfad, d a er neben dem Strom keinen R aum m ehr findet, stellen weis in die linksseitige Felsw and eingesprengt werden musste, welche hiervon den N am en der gesprengten F lu h erhalten hat. Bei den H äusern der alten Z ollstatt im A egerstein weitet sichs wieder und m an b etritt die flache Sohle der H ochthalm ulde von G uttannen, die in ihrer länglich elliptischen G estaltung auffallend an das Becken von im G rund erinnert, n u r dass dort m annshohes G etreide gedeiht, w ährend hier blos noch M atten und Nadelholzwälder den Boden bekleiden. A uch dieses Thalbecken ist gegen Süden zu durch ein gewaltiges B ergthor geschlossen, das westlich vom Ritzlihorn, östlich vom Strahlhorn überragt wird. H a t m an dieses mächtige Felsenportal, dessen Pfosten a u f der einen Seite von der Gstelliegg, au f der ändern von den W änden der M ittagfluh gebildetwerden, hinter sich, so erreicht m an m it U eberschreitung der Tschingelm attbrücke eine lang gestreckte Thalm ulde, deren Sohle durch die beiden jä h abstürzenden Stufen der Stäubeten und des H andeckfalles in drei sehr deutlich gesonderte E tagen getheilt wird, die wie Treppenstufen in verschiedenen H öhen über einander liegen. O berhalb der höchsten dieser drei T halstufen bei dem sogenannten Säum erstein legt sich aberm als ein m ächtiger F elsenquerriegel vor, der sich vom F uss des A elplistocks zu den A usläufern der G elm erhörner hinüberzieht und vom Strom am G runde einer tief eingeschnittenen E rosionsschlucht in zahlreichen F ällen durchbrochen wird, während der Saum pfad hoch über den tosenden W assern zwischen dem fahlen von Gletscherschliff geglätteten Felsengebuckel der hellen P latte sich dahinw indet, um an der Stockstege den Räterichsboden zu erreichen, die letzte T halstufe diesseits der Passhöhe der Grimsel. W ie die W asser des gletschergeborenen Aarestrom es in den engen Felsschluchten, welche die eben charakterisirten T halm ulden und ehemaligen Seebecken von einander abschnüren, am wildesten schäumen und zu weissem G ischt zerpeitseht die grauen G ranit- . blocke um brausen, die ihr B ett verengen, so steigert sich auch die H eftigkeit des Föhns, wenn er von der Grim sel herabrasend in den K lüften dieser m ächtigen Felsenthore, die ihm den W eg versperren, sich fängt, zu w ahrhaft furchtbarer W utli, der nichts zu widerstehen verm ag, was nicht un tren n b ar m it dem Boden verwachsen ist.



Diese Südwestström ungen scheinen die ersten an die Gipfel des J u r a anprallenden V orläufer des grossen Sturm es gewesen zu sein, der sich bald d ara u f über der ganzen Schweiz entfesseln sollte. Am A bend des 21. beginnt er auch noch an einigen anderen P u n k ten zu wehen : so im Ju ra, zu Ponts und la C haux de F onds, im schweizerischen F lachlande zu Trogen, im Hochgebirge zu Medels, S talla und Revers. W ährend der N acht vom 21. zum 22. hält er m it grosser H eftigkeit an in Ste. Croix, Chaum ont und a u f dem W eissenstein und nim m t seinen A nfang a u f dem Rigi, in Chur und Churwaldeu. W ährend nun an den genannten O rten der Süd, Südwest und Südost schon seit mehreren Stunden m it grosser H eftigkeit herrschte, w ar a u f den anderen schweizerischen S tatio n en , besonders den den A lpen am nächsten gelegenen, die A tm osphäre noch vollkommen ruhig. So verläuft au f dem Splügen, in Reichenau, A ltstätten , Glarus, Zug, A lto rf und Engelberg der 21. Septem ber durchaus ungestört und erst am Morgen des 22. oder gegen die M itte dieses Tages hin m acht sich hier wie au f den übrigen Stationen Föhnbewegung fühlbar. Interessant ist es hierbei festzustellen, dass bei einer grossen A nzahl sehr entfernt von einander gelegener Stationen der Sturm ganz plötzlich und fast gleichzeitig zwischen 11 und 12 U h r M ittags losbrach. So beginnt er um 10 h in Rex, um 11 h in G larus und A ltstätteu , um 12 h in R eckingen, G rächen, Zerm a tt, G liss, F ru tig en , Sallanches und St. G allen. Am N achm ittag des 22. und in der d ara u f folgenden N acht beginnt der F ö h n , resp. nim m t seinen F ortgang a u f allen den schweizerischen Stationen, die überhaupt während dieser Periode von ihm berührt worden sind. Doch ist hiebei zu bem erken, dass er in Stans, Zürich und Schaffhausen erst am 23. im V erla u f des Morgens oder gegen M ittag zu wehen begann. A uch gelangten an diesem T age vereinzelte Föhnstösse an Orte, wo der F öhn im Allgemeinen äusserst selten und imm er n u r von kurzer D auer ist. Solche Stösse wurden wahrgenommen zu Gully um 3 h, zu L ausanne gegen 4 h pm. H ieraus ergiebt sich also, dass die am höchsten und den A lpen am nächsten gelegenen Stationen keineswegs am frühesten vom F öhn erreicht wurden, und es ist überaus beachtensw erth, dass am 21. und in der N ach t vom 21. zum 22., als der Sturm im J u ra , in Trogen und an anderen O rten des schweizerischen M ittellandes schon geraum e Zeit wehte, a u f G ebirgsstationen wie Ju lier, Splügen, A nderm att, G rächen, Z erm att etc. noch vollkommene R uhe in der A tm osphäre herrschte, was wiederum dafür spricht, dass die Luftbew egung nicht von Süd nach Nord, sondern von Nordwesten her gegen die A lpen hin sich fortpflanzte.

1). Oe r 11 i c h e V e r t h e i l u n g d e r L u f t b e w e g u n g. Fassen wir nun auch die A rt und W eise ins A uge, wie die Luftbew egung beim Föhn vom 23. September über das A lpengebiet vertheilt w ar, so gelangen wir zu höchst eigenthiimlichen E r gebnissen, die für eine allgemeine C harakteristik unseres Sturm phänom ens von W ichtigkeit sein dürften. A us den Beobachtungen, die über den in Rede stehenden F all angestellt w urden, geht hervor, dass der Föhn in den T hälern der A lpen länger und stärker geherrscht h a t als über dem schweizerischen Flachland. A u f diesem ganzen H ochplateau vom J u ra bis zum Bodensee war die Luftbew egung weit weniger heftig, stellenweis sogar kaum w ahrnehm bar, überall von kürzerer D auer als in den höher gelegenen G ebirgsthälern ; ausserdem aber erhellt aus ihnen, dass der F öhn in den östlichen Theilen dieser zwischen A lpen und J u ra sich hinziehenden T halm ulde entschieden deutlicher ausgesprochen w ar als in den m ittleren und westlichen Gebieten derselben. Folgende Nachweise mögen dies bestätigen x). Innerhalb des T hallabyrinths des Bündenerbodens herrschte der Föhn in der Zeit vom 22. bis 24. Septem ber sowohl au f allen hochgelegenen Bergstationen, besonders au f dem Ju lier und B ernardin, als auch a u f den tiefer gelegenen Thalstationen, besonders im Rheinthal, m it grosser H eftigkeit. Ebenso w ar er weiter nördlich in St. G allen, Zürich und a u f dem U etli ziemlich heftig, schwach dagegen oder so g ut wie gar nicht w ahrnehm bar an der ganzen Nord- und Nordostgrenze der Schweiz: in Kreuzlingen, F rau en feld , W in terthur, Schaff’h au sen , L o h n , Z urzach, Bözberg, M uri, A arau , O lten, Solothurn etc. Indessen die Tem peratur, welche die L u ft am 23. und 24. a u f den genannten Stationen zeigte, beweist zur Genüge, dass wohl Föhnstösse bis in diese Gegend gelangten, aber von der K ra ft ihrer Bewegung bereits ein g u t Theil eingebiisst hatten. In dem noch weiter nördlich am deutschen U fer des Bodensees gelegenen Friedrichshafen war der Föhn auffallender W eise viel deutlicher ausgesprochen als in den oben genannten der A lpenkette näher gelegenen Schweizerstationen. W ie in G raubünden so tra t der Föhn auch sehr heftig au f in den T hälern der inneren Schweiz, nam entlich in G larus, A ltorf, Schwyz, Einsiedeln und Zug. V on gleicher H eftigkeit, aber kürzerer D auer w ar er in Luzern. A usserordentlich m erkwürdig und fast unerklärbar ist die T hatsache, dass, während am 24. hier und in der ganzen U m gebung des Luzernersees der heftigste Föhnsturm raste, a u f dem nahe gelegenen P ilatus die L u ft vollständig ruhig blieb. Sehr entschieden m achte sich der Föhn vom 23. Septem ber auch in dem sonst seltener von ihm heimgesuchten Berneroberlande geltend, wo er besonders a u f der Grimsel und in G uttannen wie im ganzen H aslithale mehrere Tage lang herrschte. A uch in Brienz, Interlaken und G rindelw ald hielt er den 22. und 23. m it grosser H eftigkeit an; weniger entschieden tra t er während dieser beiden Tage in St. Beatenberg auf, wo er sich erst in der N acht vom 24. zum 25. deutlicher fühlbar machte. Zu Bern ist von einer eigentlichen Föhnbewegung in den unteren L uftschichten nichts wahrzunehmen ; es herrschen w ar als in den m ittleren und westlichen Gebieten derselben. Folgende Nachweise mögen dies bestätigen x). Innerhalb des T hallabyrinths des Bündenerbodens herrschte der Föhn in der Zeit vom 22. bis 24. Septem ber sowohl au f allen hochgelegenen Bergstationen, besonders au f dem Ju lier und B ernardin, als auch a u f den tiefer gelegenen Thalstationen, besonders im Rheinthal, m it grosser H eftigkeit. Ebenso w ar er weiter nördlich in St. G allen, Zürich und a u f dem U etli ziemlich heftig, schwach dagegen oder so g ut wie gar nicht w ahrnehm bar an der ganzen Nord- und Nordostgrenze der Schweiz: in Kreuzlingen, F rau en feld , W in terthur, Schaff’h au sen , L o h n , Z urzach, Bözberg, M uri, A arau , O lten, Solothurn etc. Indessen die Tem peratur, welche die L u ft am 23. und 24. a u f den genannten Stationen zeigte, beweist zur Genüge, dass wohl Föhnstösse bis in diese Gegend gelangten, aber von der K ra ft ihrer Bewegung bereits ein g u t Theil eingebiisst hatten. In dem noch weiter nördlich am deutschen U fer des Bodensees gelegenen Friedrichshafen war der Föhn auffallender W eise viel deutlicher ausgesprochen als in den oben genannten der A lpenkette näher gelegenen Schweizerstationen. W ie in G raubünden so tra t der Föhn auch sehr heftig au f in den T hälern der inneren Schweiz, nam entlich in G larus, A ltorf, Schwyz, Einsiedeln und Zug. V on gleicher H eftigkeit, aber kürzerer D auer w ar er in Luzern. A usserordentlich m erkwürdig und fast unerklärbar ist die T hatsache, dass, während am 24. hier und in der ganzen U m gebung des Luzernersees der heftigste Föhnsturm raste, a u f dem nahe gelegenen P ilatus die L u ft vollständig ruhig blieb. Sehr entschieden m achte sich der Föhn vom 23. Septem ber auch in dem sonst seltener von ihm heimgesuchten Berneroberlande geltend, wo er besonders a u f der Grimsel und in G uttannen wie im ganzen H aslithale mehrere Tage lang herrschte. A uch in Brienz, Interlaken und G rindelw ald hielt er den 22. und 23. m it grosser H eftigkeit an; weniger entschieden tra t er während dieser beiden Tage in St. Beatenberg auf, wo er sich erst in der N acht vom 24. zum 25. deutlicher fühlbar machte. Zu Bern ist von einer eigentlichen Föhnbewegung in den unteren L uftschichten nichts wahrzunehmen ; es herrschen

Schäden

Kantone St. Gallen und Appenzell

Kanton Appenzell

Ursachen- und Ereignisanalyse

Der Sturm vom 23. September 1866 kann als Typus eines gut ausgeprägten Herbstföhns angesehen werden.
Er ist von Dufour in einer Monographie sehr gründlich und allseitig untersucht worden.


3. Verhältniss der Minima zum Normaldruck.
Obgleich der atmosphärische Druck im ganzen centralen und westlichen Europa am 22. und 23. September 1866 unter seiner normalen Höhe stand,
so war doch seine Abweichung von dieser Normalhöhe in verschiedenen Ländergebieten eine ganz verschiedene.
Ueber dem Canal war am 22. der Luftdruck etwa 18mm unter der Normalhöhe, während er in der Schweiz zu derselben Zeit nur 6 bis 8mm unter dem Mittel sich befand.
An der Westküste Frankreichs betrug die Verminderung des Luftdrucks etwa 15mm.
Im Süden dieses Landes war sie etwas geringer, noch geringer im Südwesten Europas jenseits des Pyrenäengebirges.
In Italien , besonders im südlichen Theil dieser Halbinsel war der atmosphärische Druck gleich oder um ein geringer.

Es war sonach die absolute Depression in der westlichen und nördlichen Schweiz, sowie in den tief gelegenen Thalstationen stärker als auf der hohen Alpenkette.
Nachstehende Uebersicht giebt die annähernden Werte für den Abstand zwischen dem Normaldruck und dem Druck, wie er am 23. September beobachtet wurde: Nord Westküsten Europas — 15 bis — 22mm, Mittleres und südliches Deutschland — 10 bis — 17mm.


Die Vertheilung des atmosphärischen Druckes über Europa war also während dieser Föhnperiode eine sehr ungleichmässige.
Der Druck nahm ab in der Richtung einer Linie, die von Südost nach Nordwest verläuft.
Zwischen dem Alpengebiet und dem Canal betrug seine Verminderung am 22. September, also an dem Tage, an welchem der Föhn in der Schweiz zu wehen begann, IG bis 18 mm.
Diese Verminderung behielt am 23. und 24., wo der Föhn zu wirken fortfuhr, in gleichem Sinne Bestand.
Im Norden Europas, namentlich über der skandinavischen Halbinsel war der Druck am 22. ziemlich derselbe wie über dem Canal.
Er nahm also von den Alpen ausgehend auch gegen Norden hin ab ; aber wenn man die Entfernungen in Anschlag bringt, so stellt sich heraus, dass die Linie des stärksten Sturzes unverkennbar von Südost nach Nordwest verläuft und unmittelbar am Nordhang der Alpen die rascheste Abnahme Stattfand.

Am Südfuss der Alpen hat Lugano den 22. September südwestlichen, südlichen und südöstlichen Wolkenzug.
Ueber Faido ziehen die Wolken am gleichen Tage aus Süden; über Bellinzona zuerst aus Nord, dann gleichfalls aus Süd.
Die Jurastationen le Sentier, Ste. Croix, Chaumont, Neuchâtel, la Chaux de Fonds und Solothurn haben ausnahmslos während der Dauer der ganzen Föhnperiode südwestlichen Wolkenzug.
Am Nordfuss der Alpen verrieth der Wolkenzug in den oberen Regionen der Atmosphäre im Allgemeinen südliche Richtung der bewegten Luftmassen, während in den unteren südwestliche und südöstliche Strömungen vorherrschten.
Auf dem Splügen und in Altdorf zogen die Wolken beständig aus Süden; in Thusis und Grächen aus Süd und Südwest; in Bex aus Südwest und Westsüdwest bis zum 22., dem Tage, wo der Föhn begann; von da ab rein aus Süd.
Zu Martigny bewegten sich die Wolken der höchsten Regionen gleichfalls von Süd nach Nord, während tiefer unten und am Grunde des Thaies südöstliche Luftbewegung herrschte.
Im Gebiet der Ormondsthäler liessen sich deutlich zwei über einanderliegende Wolkenschichten unterscheiden.
Während die untere, die nach annähernder Schätzung in einer Höhe von 2700 m schwebte, vom Föhn mit grosser Schnelligkeit von Süd nach Nord getrieben wurde, bewegte sich die obere aus sehr leichtem Cirrostratusgewölk bestehende Schicht in der Richtung von Südwest nach Nordost.
Beachtenswerth und wichtig für die Theorie des Föhns ist die Thatsache, dass, während am 21. und 22. September, also zu der Zeit, wo der Föhn seinen Anfang nahm, die Richtung der Wolken auf den meisten Stationen eine südwestliche war, diese Richtung an den beiden folgenden Tagen ziemlich allgemein eine fast ausschliesslich südliche wird.
So zeigt der Wolkenzug in Montreux erst Südwest, dann Süd an; in Bex Südwest, dann Süd, am 25. sogar Südost; in Grächen West und Südwest, dann Süd; auf dem Simplon am 23. und 24. zur Zeit der grössten Heftigkeit des Sturm es Südwest, am 25. gleichfalls Süd; in Reckingen am 21. Südwest, am 23. und 24. Süd; in Rathhausen und Zug zuerst Südwest, dann Süd; in Altstätten Südwest, dann Süd und Südost; in Sargans, Thusis und Bevers Südwest, dann Süd.

Im Montavon, wo, wie wir oben gesehen haben, der Föhn vorwiegend aus Südosten kommt, ist er fast ausnahmslos von südwestlichem Wolkenzüge begleitet.
Auch auf anderen Stationen gemachte Beobachtungen bestätigen mit grosser Uebereinstimmung, dass, unabhängig von der ganz verschiedenen Richtung, welche der Föhn durch die Bodengestaltung in den unteren Regionen der Atmosphäre anzunehmen genöthigt wird, der diesen Wind begleitende Wolkenzug in den höheren Regionen, die von dem Bodenrelief nicht mehr beeinflusst werden, eine vorwiegend südwestliche Richtung zeigt.

Fassen wir nun kurz zusammen, was in der vorstehenden Untersuchung ermittelt wurde über die verschiedenen Richtungen, welche die Luftbewegung bei Föhnwind annimmt, so ergab sich, dass dieselbe nicht nur eine horizontale war, welche durch die verschiedene Richtung der Thäler und die Gestalt der sie umschliessenden Erhebungsmassen mannigfach beeinflusst wurde,
sondern auch eine mehr oder minder verticale Linie darstellte, deren grössere oder geringere Neigung zur Horizontalebene wiederum von der Horizontaldistance und der relativen Höhe der Bergmassivs abhing, über deren Gipfel und Kämme die bewegte Föhnluft sich herabstürzte, dass aber dabei in den höheren dem Einfluss des Gebirgsreliefs entrückten Regionen der Atmosphäre ein Wolkenzug zu beobachten ist, der unabhängig von der am Boden herrschenden Richtung des Windes ein vorwiegend südwestlicher war und so die wahre Richtung des Föhns rein und ungetrü bt zum Ausdruck brachte.

Historische Quellen

Interna

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