18910625 01 Flood Emmental BE

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Flash Flood
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Luthern (LU), Marbach (LU) Schangnau (BE), Eggiwil (BE), Trub (BE), Wasen (BE)
Time / Duration 13:30-15:30 local time
Date 25.06.1891
Magnitude / Dimension >70mm of rain in 1 hour
Damage Flooded streets and maedows
Fatalities -
Injuries -
Report Source Historical reports
Remarks -


Ereignis

Gewitterzug (a) schmal, nur durch wenige Gewitter angedeuteter Zug von Freiburg durch das bernische Mittelland nach dem Emmenthal ziehend.
Daselbst grosse Ueberscbwemmungen infolge sehr starker Regengüsse. Hagel in Marbach und Hergiswil.
Zugrichtung von Südwesten nach Nordosten. Gewitterzuglänge 35km.
Ganz schlimm hatte das Unwetter im obern Emmenthal und dem angrenzenden Entlebuch gehaust.
Ein wolkenbruchartiger Regen ergoss sich dermassen über diese Gegend, dass die Gr. Emme und die llfis mit den zahlreichen in sie einmündenden Bergbächen manchenorts über die Ufer austraten und durch Überschwemmungen grossen Schaden anrichteten.
Leider fehlen uns genaue Zahlenangaben über die gefallenen Regenmengen, da im obern Emmenthal keinerlei meteorologische Stationen errichtet sind.

Das Emmenthaler Blatt vom 1. Juli 1891 schreibt über diese Katastrophe unter anderem folgendes:
Der Wolkenbruch, der letzten Donnerstag sich über das verheerte Gebiet ergoss, war einer der stärksten Niederschläge, der seit einem Jahrhundert über die betroffene Zone sich ausgeleert hat.
Der Vormittag war ungewöhnlich heiss und schwül gewesen.
Zufällig hatte ich einen Hygrometer angeschaut; der Zeiger desselben zeigte einen so hohen Feuchtigkeitsgrad, dass ich angesichts des lachenden Sonnenscheins annahm, es müsse etwas an demselben zerbrochen sein.
Ich sollte im Laufe des Tages die Erfahrung machen, dass derselbe nur zu richtig gezeigt hatte.
Schon um 13.00 Uhr ballten sich über den Freiburger Bergen, welche das Plafeyerthal umgürten, schwarze Wolkenmassen.
Von scharfem Westwind gepeitscht, zogen sie nach SE, giengen über die Stockhorn- und Niesenkette, in rasendem Laufe weiter über den Thunersee, überflogen die Ralligstöcke, erreichten die Honeggen, prallten am Hohgant ab
und nahmen von da an nordöstliche Richtung gegen Bäuchlen, Hilferen und Rämisgummen, setzten über das Ilfisthal und lagerten sich ihre Hauptmassen sodann über dem Napf und dessen Ausläufern, wo das Unwetter sich austobte.

Überall wo dieser schwarze Wolkenzug erschien, verwandelte sich der Tag in Nacht und ergoss sich stundenlang ein wahrhaft sündflutlicher Regen.
Seit dem Jahr 1764, der bedeutendsten bekannten Wassergrösse, wo das Unterdorf Langnau ganz unter Wasser stand, sind jedenfalls nie solche ungeheure Wassermassen durch die Ilfis geflossen, wie diesmal,
denn gerade ihr Zuflussgebiet hat dieses grosse Naturereignis in seiner ganzen Ausdehnung am stärksten betroffen.

Wasen:
Letzten Donnerstag, nachmittags 15.30 Uhr, sind der Hornbach und der Kurzeneybach welche sich unterhalb des Dorfes Wasen zur Grüne vereinigen, zu reissenden Strömen angeschwollen.
Eine im Anfang dickflüssige, gelbbraune Masse wälzte sich mit rasender Schnelligkeit, eine Menge Säg- und Bauhölzer vor sich hertreibend
und alles, was ihr quer im Wege stand und der fürchterlichen Gewalt nicht zu widerstehen vermochte, mit sich fortreissend, thalabwärts.

Man läutete mit allen Glocken Sturm. Die Höhe des Wasserstandes soll nach den Aussagen von zuverlässigen Augenzeugen diejenige vom Jahre 1853 übertroffen haben.
Glücklicherweise dauerte der geschilderte Zustand nicht so lange an wie damals, sonst hätte die ganze Thalschaft zur Wüste werden müssen.
Zirka zwei Stunden später war der Wasserstand schon beträchtlich gesunken, obschon die beiden sonst friedlichen Bachgesellen stets noch mit aussergewöhnlichem Toben dahinrauschten.
Dem Auge bot sich ein trauriges, das Gemüt niederschlagendes Bild der Verwüstung dar.
Beim ersten „Anschuss" sind sofort beide Bäche bei seichtern Uferstellen ausgetreten und haben grosse Strecken Kulturen unter Wasser gesetzt und mit Sand, Kies und sonstigem Schutt überführt.
Sämtliche kleinern, teils schon ziemlich grosse Brücken über die beiden Bäche haben gleich dem ersten Anstoss weichen müssen.
Nicht nur sind ganze Strecken Uferland fortgerissen, sondern an mehreren Orten ist die Strasse teilweise und im hintern Teile des Hornbachthales ist der Weg streckenweise ganz weggespült.

Ferner lesen wir im »Bund« unterm 29. Juni:
Alte Leute sagen, seit hundert Jahren habe das Emmenthal keine solche Katastrophe erlebt, wie letzten Donnerstag.
Man mache sich keinen Begriff von der meerartig dahertosenden Wassermasse, auf deren braunen Wellen Tannen, Sägholz, Obstbäume, Trümmer von Dächern und Geräten in Masse daher geflogen kamen.

Am furchtbarsten hauste das wütende Element im Thal von Marbach. Der Schonbach, ein Zufluss der Ilfis, hat hier unermesslichen Schaden angerichtet.
Eine breite, fusshohe Geröllmasse zieht sich durch die Mitte des Thales, wo sich der Fluss mitten durch die schönen Matten ein neues Bett angelegt hat.
Der Weg ist oft weggerissen, und wo er noch widerstand, da dient er auch als Bachbett.
Viele Heimwesen sind ruiniert. Schauerlich ist der Anblick des Hinterdorfes von Marbach, das den ersten Anprall auszustehen hatte.
Da sind einige Häuser total ruiniert; die Wassermassen schwemmten das Fundament weg und zerrissen Böden und Wände.
Kaum konnten sich die Leute retten. Alles, was nicht nagelfest war, wurde weggeschwemmt. Mit Mühe wurde das Vieh gerettet.
Der Anblick dieses Elendes ist ergreifend. In den Zimmern lagert der Schlamm fusshoch. In einigen Häusern kampieren die Leute auf den Bühnen.
Aehnliche Hiobsposten vernimmt man aus Schangnau, Eggiwil, Trub, Harnach und Kröschenbrunnen.

Für den Kanton Luzern dagegen findet sich obige Vermutung durch nachstehenden Bericht des dortigen Oberforstamtes bestätigt:
Ansammlung von schweren dunklen Gewitterwolken schon um 11.00 Uhr in langer Ausdehnung am Napf und Umgebung.
Gegen 12.30 Uhr wurde von dem Unterzeichneten, der sich in diesem Momente auf dem Steinhauserberg bei Wohlhausen befand und prächtig beobachten konnte,
der erste Donner gehört, der sich gegen 13.00 Uhr verstärkte und nun eine starke Stunde unaufhörlich anhielt.
Offenbar waren 2 Gewitter am Himmel, das eine von SW oder fast von W kommend, das andere von N.
Beide hielten sich wohl eine halbe Stunde im Schach und schoben und drängten sich zurück, bis gegen 13.00 Uhr das von N kommende Wetter in eine tiefere Lage gedrängt wurde, ohne seine Richtung wesentlich zu verändern.
Kleinere Hagelkörner, vermischt mit gewaltigem Regen, wurden in einem flachen Winkel von höchstens 40° über die Gemeinden Romoos und Doppelschwand gepeitscht,
während das von W kommende Gewitter nicht sehr grosse (10mm) Hagelkörner mit starker Wucht, also offenbar aus beträchtlicher Höhe, in einem Winkel von ca. 70° und in östlicher Richtung niederschmetterte.
Wolkenzug jeden Augenblick verändert, entweder von W oder von N her.
Beide Gewitter brachten verhältnismässig wenig und kleine Hagelkörner in der Gegend von Romoos, Doppelschwand, Werthenstein und Menzberg, weshalb kein Schaden entstand.
Dagegen richtete das Wasser nicht nur in Luthern, sondern auch an der Fontanne bedeutenden Schaden an.

Charakteristische Gewitterzüge am 25. Juni 1891

© MeteoSchweiz, Lith. Joh. Frey, Zürich

Messwerte (Regenmengen)

-

Betroffene Gewässer

Schonbach, Ilfis, Hornbach, Kurzeneybach

Medienlinks

© MeteoSchweiz ANNALEN der SCHWEIZERISCHEN METEOROLOGISCHEN ZENTRAL-ANSTALT 1891


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