18970720 04 Hail Staefa ZH

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Large Hail
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Mainly affected by the large hail was Horgen (ZH), Au (ZH), Wädenswil (ZH), Stäfa (ZH), Meilen (ZH), Männedorf (ZH), Feldbach (ZH), Grüningen (ZH), Ottikon (ZH), Hombrechtikon (ZH), Bubikon (ZH), Herschmettlen (ZH), Hinwil (ZH)

Mainly affected by the medium-sized hail was Cham (ZG), Baar (ZG), Steinhausen (ZG), Neuheim (ZG), Sihlbrugg(ZG), Lorze (ZG), Hirzel (ZG), Girenbad Bei Hinwil (ZH), Wernetshausen (ZH), Wald (ZH), Fischenthal (ZH), Flawil (SG), St.Gallen (SG)

Time / Duration 17.00 local time +/- 30 min
Date 20.07.1897
Magnitude / Dimension Estimated 4 - 6 cm in diameter
Damage damaged crop, damaged vineyard, broken windows
Fatalities -
Injuries -
Report Source Historical report
Remarks probably supercell storm

Ereignis

Gewitterzug (b) aus dem Emmenthal über die schweizerische Hochebene und das Hügelland gegen den Bodensee ziehend.
Zugrichtung von Südwesten nach Nordosten. Gewitterzuglänge 150km. Zuggeschwindigkeit 50km/h.

Von Stäfa liegt eine briefliche Mitteilung des Beobachters vor, der wir folgendes entnehmen:
Ein gewaltiger Sturm ging dem Gewitter voraus, dem ein unheimliches Tosen folgte. Um 17.10 Uhr hatte der Hagelschlag auch unsere Regenmesstation erreicht.
Schon anfangs hatten die Schlossen die Grösse einer Baumnuss oder eines Hühnereis, zwei Stücke wogen zusammen 100 gr.
Der Hagel dauerte 8 Minuten. In dieser Zeit wurden Dächer mit Ziegel- und Glasbedeckung zerstört und viele Hunderte von Scheiben zerschlagen.
Die Reben sind zu einem guten Teil der Trauben und Blätter beraubt, die Schlossen geknickt und zerschlagen.
Die Bäume stehen mancherorts kahl da, viele der schönsten Exemplare fielen dem Sturm zum Opfer.
Der Gesamtscbaden beträgt wenigstens eine Million Franken. Hühner und andere Vögel wurden erschlagen, Menschen erlitten Verwundungen.

Der Beobachter von Grüningen berichtet:
Starker Hagelschlag 17.00-17.20 Uhr, Hagelkörner von Haselnuss- bis Baumnussgrösse, einzelne wie Hühnereier, Sturm, der Bäume entwurzelte.
Gewitter aus W, dann von N über Grüningen. Alle Feldfrüchte vernichtet. Bäume grösstenteils entlaubt. Ungeschützte Fenster auf W- und N-Seite zertrümmert.

Aus Gyrenbad-Hinweil schreibt der Beobachter:
Braunrote und schwefelgelbe Wolken flogen in geringer Höhe, kaum 100m, pfeilschnell dahin und verhüllten rasch die Höhen über 100 m in dichten Nebel.
Dann ein eigentümliches Rauschen und Knattern, und das ärgste Hagelwetter, dessen sich die Leute entsinnen können, war da.
Die Schlossen hatten elliptische Form mit zackigem Rand und weissem, undurchsichtigem Kern.
Einzelne Stücke hatten einen Durchmesser von 28-35mm. Nach meinen Beobachtungen sind mehrere Gewitterzüge neben einander gewesen.
Hier beim Schulhaus und Umgebung sind die Fensterscheiben auf der West- und Südwestseite zerschlagen.
Die etwas höher oder freier gelegenen Orte sind von der Südseite her betroffen worden.
Auch die entwurzelten Bäume bezeugen durch ihre Lage die angegebenen Windrichtungen.
Nach 5 Minuten setzte ein heftiger, reiner Nordwind ein, der die verderblichen Wolken retour brachte und das Gewitter über die Egg, namentlich aber über den untern Bachtel nach Wald trieb.
Am ärgsten sind in unserer Gegend betroffen worden Ringweil (bis Unter-Emetschloo, Kempten), Hinweil und Orn-Unterbach am Bachtel droben.
Hier ist von einem Emdertrag keine Rede, selbst der als Streue dienende sehr zähfasrige Farn ist total zerhackt.
Die Waldwege sind dicht mit abgeschlagenen Baumzweigen bedeckt und an den Kartoffelstauden ist nicht ein Blättchen mehr zu sehen.
Eine Menge Ziegel sind zertrümmert, wie auch eine Unmasse Fensterscheiben.
An einer grössern Zahl Bauernhäuser je 30-40 Stück; die Anstalt Ringweil zählt über 100, die Kirche Hinweil mindestens 240, das kleine Schulhaus Unterbach 41 zerbrochene Scheiben.
Eigentümlich bei diesem Gewitter war das schwache Donnern. Wahrscheinlich ist der Schall durch die untern Wolkenschichten gedämpft worden, diese selber zeigten keine elektrischen Entladungen.
Als dann die Hagelwolkenschicht fortgejagt war, donnerte es viel gewaltiger; eventuell wäre es ein zweites Gewitter gewesen, das bedeutende Wassermassen brachte.

Der Beobachter von Wernetshausen schreibt im weitern:
Dunkle Wolkenmassen erhoben sich im SW bis NW; zuerst herrschte noch ein kaum bemerkbarer NE.
Donner war nur anfänglich hörbar und wenig. Plötzlich schlug der Wind in einen sehr heftigen SW um.
Nun rückte die Wolkenmasse, ziemlich niedrig, heran, losgerissene grössere Fetzen als Vorposten vor sich her jagend. Endlich hatte sie unser Bergdörfchen erreicht (730m ü. M.).
Nach einigen Minuten schwachen Regens schlugen die Hagelkörner an die Fenster, fast senkrecht gegen ihre Fläche einfallend.
Die grösseren (20-25mm Durchmesser, eckig, platt, ein dichter, weisser Kern mit durchsichtiger Hülle) durchschlugen die Scheiben und drangen noch ins Zimmer herein.
Dann scheint sich der Wind etwas gedreht zu haben nach NW. Von 17.25-17.30 Uhr schlugen die Hagelkörner von jener Seite, schief auf die Fenster und vermochten festeres Glas nicht mehr zu zerstören.
Schaden: Im kleinen Dörfchen mindestens 350 Scheiben.
Wer während des Gewitters noch die schützenden Läden zuziehen wollte, erhielt durch die Schlossen an Kopf und Händen blutende Wunden.
Viele öffneten die Fenster, um sie vor der Zertrümmerung zu schützen. In Feld und Garten ist alles zerhackt und das Obst heruntergeschüttelt.
Grösser war der Materialschaden noch in Hinweil, wo an Kirche, Fabrikgebäuden, Gasthöfen, Treibhäusern im ganzen viele Tausende von Scheiben zerschlagen wurden.
Während das Hagelwetter nach SE hin nur allmählig abnahm, so dass diese Grenze des Gewitterstriches schwer zu bestimmen ist, zeigte sich dagegen der NW-Rand, wenigstens vielorts, scharf begrenzt.
Oberhalb Kempten (Wetzikon) sah ich einen Kartoffelacker, dessen südlicher Teil vollständig entblättert, der nördliche aber völlig unversehrt war.
Aehnliches zeigte sich im Dorfe Ettenhausen bei Wetzikon. Ein von NW her kommendes zweites Gewitter mit starkem Regen erzeugte wahrscheinlich diese scharfe Grenze.
Bei seinem Eintreffen änderte sich die Einfallsrichtung der Hagelkörner und ging aus der äusserst verderblichen SW- in die weniger gefährliche NW-Richtung über.
Auch trafen sie die Scheiben in mehr schiefer Richtung.
Das Gewitter stieg hoch hinauf. Im Dörfchen Orn, 930m ü. M., wütete es furchtbar, viel schlimmer als im Thale.Dort sind die Kulturen vollständig vernichtet.
Orn liegt in der Einsattelung zwischen Bachtel und Batzberg, Bärentsweil zwischen Bachtel und Stoffel.
Ähnlich wie ein Fluss, durch ein enges Bett gedrängt, grössere Stosskraft ausübt, so wird auch ein Luftstrom, in eine in seiner Richtung liegende Einsattelung gedrängt, schneller und damit verderblicher wirken.

In einem spätem Brief schreibt uns der nämliche Beobachter:
In einem Stück Hochwald, an der alten Strasse von Betzholz nach Hinweil, im Frecht oder Riedenholz genannt, an einer Anhöhe, die dem heftigen SW besonders günstig zum Angriff gelegen ist, beobachtete ich,
dass die 30-35m hohen dicken Riesentannen teils entwurzelt, teils geknickt, d. h. auf eigentümliche Weise abgedreht waren, wie wenn der Sturm von zwei Seiten eingewirkt hätte; auch liegen die Tannen nach allen Richtungen kreuz und quer übereinander.
Laut Zeitungsnotiz wurde eine Tanne, auf 9m Höhe, wie eine „Weide" zum Binden der Garben gewunden, obgleich sie über 30cm Durchmesser hatte.

Der „Neuen Zürcher Zeitung" entnehmen wir noch folgende Notizen:
Ein furchtbares Hagelwetter zog am 20. Juli abends 17.00 Uhr über Allmend, Bocken, Arn, Rietwies, Wädensweil und über das Zürcher Oberland, begleitet von einem orkanartigen Sturme, der die stärksten Bäume entwurzelte.
Die verhagelte Strecke am linken Seeufer beginnt unmittelbar hinter Horgen und zieht sich nach Wädensweil bis halbwegs Burghalden.
Die Kulturen sind alle vernichtet, Reben und Bäume beinahe kahl wie im Winter.
Erst fielen die Schlossen in vereinzelten Klumpen von über Hühnereigrösse dann dicht in Walnussgrösse. In wenigen Minuten lag der Hagel 3-10cm hoch.
Am Stationsgebäude Au und am Kurhaus Bocken sind alle Fenster auf der Wetterseite eingeschlagen, an einer Fabrik in Wädensweil über 800 Scheiben.
In Meilen wurde namentlich der obere Teil der Ortschaft stark heimgesucht, zahlreiche Scheiben und Ziegel zertrümmert, grosse Bäume entwurzelt.
Ebenso in Männedorf bis über Feldbach hinaus, wo Bäume, und Reben entlaubt, die Kulturen zerhackt wurden.
In Bärentsweil lagen die Schlossen andern Tags früh stellenweise 30cm tief.
Von Hinweil wird berichtet, dass die Leute aus den Stuben fliehen mussten, um nicht von den Glasscherben der zerschlagenen Scheiben verwundet zu werden.
An vielen Orten wurden Gläser und Flaschen von den Tischen geschlagen; eine grosse Anzahl von Ziegeldächern sind vollständig zertrümmert.
Auch in Rüti grosser Schaden an allen Kulturen, sowie an Gebäuden.
Neben den kleinsten haselnussgrossen Körnern fielen in der Mehrzahl solche in der Grösse von Baumnüssen und noch grössere.
Förmliche Eisstücke mit einem weissen Kern in der Mitte, der mit einer ca. 1cm dicken, kristallhellen Eismasse umhüllt war, in runder und zackiger Form.
Aus dem Oberland wird berichtet, dass dort die Felder und Gärten grössern Schaden litten, weil die Körner, obwohl kleiner, sehr dicht fielen.
Am See dagegen weniger dicht, aber in grossen Stücken, weshalb dort so viele tausend Ziegel und Fensterscheiben zertrümmert und selbst grössere Tiere totgeschlagen wurden.
In Uetikon fielen Schlossen in der Grösse von Taubeneiern und in weniger als einer Viertelstunde war der Boden 8cm tief von solchen bedeckt.
Scheiben und Ziegel wurden in Unzahl zertrümmert, Vögel in Menge erschlagen.

Nicht besser lauten, wie wir dem „Freisinnigen" und dem „Volksblatt am Bachtel" entnehmen, die Berichte aus andern Ortschaften, z. B. Hombrechtikon, Bubikon, Herschmettlen und Ober-Ottikon.
Auch in Wald und Fischenthal seien die Kulturen zerhackt, in den Ortschaften Oberhof, Häusli und Mühlebach beinahe 300 Fensterscheiben demoliert.
In der Weberei auf der Kühweid (Wald) 600 Scheiben. Selbst in Bauma fiel noch Hagel.

Aus allen diesen Berichten geht hervor, dass dieses Hagelwetter eines der stärksten seit vielen Jahren gewesen. Ein Korrespondent aus Hinweil stellt es über die von 1819, 1841, 1845 und 1876.
Das Abdrehen der Bäume und das häufige Entwurzeln derselben, wobei die im Fallen eingenommene Richtung am gleichen Ort sehr verschieden ist, sowie die Thatsache,
dass oft am gleichen Gebäude die Fenster an zwei verschieden liegenden Wänden demoliert wurden, deuten auf heftige Wirbelwirkung hin, wie wir sie auch bei andern Hagelwettern konstatiert haben.

Offenbar waren es mehrere parallel ziehende Wirbel, da die Schädigungen strichweise viel schwächer auftraten.
So sah der Bearbeiter dieser Abhandlung drei Wochen nach dem Unwetter auf dem Wege zwischen Orn und Wernetshausen deutlich,
wie Striche von wenig beschädigten Bäumen und Wiesen abwechselten mit solchen, wo die Bäume kahl waren, die Wiesen noch kaum einen Ansatz von Gras zeigten.
Dass ein Hagelstrich selbst über die Bachtelhöhe gezogen, konnte auch dann noch konstatiert werden, indem in einer auf der Südseite des Rückens liegenden Farnweide sämtliche Stengel des Adlerfarns geknickt und dürr waren.


Charakteristische Gewitterzüge am 20. Juli 1897
(Grössere zusammenhängende Hagelstriche sind durch Schraffierung markiert)

© MeteoSchweiz, Lith. Joh. Frey, Zürich

Messwerte (Regenmengen)

Bauma: 70mm
Grüningen: 69mm

Medienlinks

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