19190105 01 Whirlwind Zürichsee

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Water Devil
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Zürichsee between Richterswil and Stäfa (ZH)
Time / Duration morning (09.30 - 10.00 UTC)
Date 05.01.1919
Magnitude / Dimension -
Damage -
Fatalities -
Injuries -
Report Source Eyewitness reports, historical report
Remarks ca. 35 Kleintromben


5. Januar 1919, 09.30 Uhr - 10.00 Uhr: ca. 35 (zum teil grössere) Kleintromben im Zuge eines Föhnsturms.


(c) Leo Wehrli / Quelle: http://ba.e-pics.ethz.ch


Auszug aus dem Neujahrsblatt, herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft Zürich auf das Jahr 1926

a) Beobachtungen am rechten Ufer von Uerikon aus durch E. FIERZ, Lehrer:
„Der Gischt der Wogen wurde aufgetrieben und trübte die Luft.
Vor Bäch hatte der Wind schon so viel Macht auf das Wasser, dass es ihm möglich war, es in kreiselförmigen Gebilden emporzutreiben.
In einer Sekunde hatte eine vom Gischt weisse Säule eine Höhe von wohl 10m erreicht und trieb mit einer enormen Geschwindigkeit in nördlicher Richtung gegen Stäfa hin.
Die gleiche Wasserhose, stets ihr Bild etwas verändernd, hielt sich etwa 20 Sekunden lang; wenn diese aber dann schnell in sich zusammen sank,
hatten sich etliche neue schon wieder hinter ihr gebildet und trieben ebenfalls sehr schnell nordwärts.
Die Säulen waren auf der Windseite infolge des Luftdruckes etwas eingebogen (Titelbild).
Oben wurde das Wasser weithin verstäubt und verhinderte dadurch ein klares Sehen.
Eine Säule kam gewöhnlich etwa bis gegen die Mitte des Sees, eher weniger weit.
Infolge des vielen aufgetriebenen Wassers war es unmöglich, Schönenwerd zu sehen, auch Richterswil wurde zeitweilig verdeckt.
Die Reihe der Wasserhosen bot ein wildes, sehr schönes und stets wechselndes Bild; darum ist es ziemlich schwer, sie mit dem Stift auf das Papier zu bringen.
Man sah die Wasserhosen etwa eine Viertelstunde lang. Ich möchte keine präzise Angabe gemacht haben,
wenn ich die Zahl der Wasserhosen, die ich gesehen habe, auf ungefähr 30 angebe. Ihre Höhe betrug etwa 7-10m."
Die grossen Wellen schleuderten noch an unserm Ufer das Wasser bis 10 m weit ins Land hinein.


b) Beobachtungen am linken Ufer von Richterswil aus durch O. MÜLLER, Lehrer:
„Am Morgen des 5. Januar 1919 herrschte am obern Zürichsee ein furchtbarer Sturm.
Ich stand auf dem Platze vor der reformierten Kirche in Richterswil und betrachtete die weissen Wellen des Sees.
Noch nie hatte ich in der Bucht von Richterswil-Bäch so grosse Wellen gesehen.
Plötzlich sah ich hinter dem Inselchen Schönenwerd, wie sich eine riesige Wassersäule(1) auftürmte.
Sie trieb gegen das Ufer hin, indem ihre Höhe bald zu- bald abnahm. Etwa 1 m vor dem Ufer sank sie in sich selbst zusammen.
Ihre grösste Höhe mochte etwa 7 m betragen haben und ihr mittlerer Durchmesser 1m.
Oben weitete sich die Säule schirmförmig aus, und das Wasser spritzte nach allen Seiten auseinander.
Die Säule sah ungefähr aus, wie ein Bündel gedrehter Weidenruten.



Sie bewegte sich sehr rasch vorwärts; denn sie hielt sich nur etwa eine Viertelsminute in der Höhe und legte in dieser Zeit doch eine beträchtliche Strecke zurück.
Noch war die erste Säule nicht zusammengebrochen, so erhob sich eine zweite (2) von etwa 5m Höhe.
Als auch diese verschwunden war, ging es etwa 2 Minuten, bis eine dritte Wasserhose (3) sich auftürmte, die wohl gleich gross war, wie die zweite.
Nach kurzer Zeit wälzte sich eine vierte, (4), die mit etwa 10m die grösste war, dem Ufer zu.
Diese war noch lange nicht am Strand angekommen, als sich schon eine fünfte (5) Wassersäule von etwa 6m Höhe erhob.
Mit dieser Wasserhose war das Naturschauspiel vorbei; es dauerte ungefähr von 9 Uhr 30 Minuten bis 9 Uhr 45 Minuten.
Bei diesem Sturm wurden meines Wissens in der Gemeinde Richterswil zehn Bäume entwurzelt und zur selben Zeit der Etzelturm umgeweht."

Nach diesen Schilderungen und einigen anderen Mitteilungen muss man sich den Vorgang etwa so vorstellen:

Durch das Zusammentreffen eines starken Ostwindes (Glarnerföhn) und eines wohl noch stärkeren Urnerföhns in der Gegend der kleinen Insel Schönenwerd bei Richterswil
(Aufprallstelle des Bächlers) wurde am 5. Januar 1919 das Wasser durch die orkanartige Schnelligkeit der Luftbewegung so stark aufgepeitscht und in wirbelnde Bewegung versetzt, dass eigentliche Wasserhosen entstanden.
Von dem Treffpunkt der beiden Windrichtungen wanderten nacheinander 5 genau beobachtete Wassersäulen in südlicher und östlicher Richtung ( Weg nach Süden 400 m in 15 Sek., also in 1 Sek.= 27m.)
gegen das linke Ufer, um hier aus Mangel an Wasser in Windhosen überzugehen, die aber noch an Bäumen und Häusern zerstörende Wirkung ausübten.
Wohl zu gleicher Zeit, oder gleich nachher (die beiden Beobachter konnten wegen des neblig zerspritzten Wassers das entgegengesetzte Naturschauspiel nicht sehen),
zogen eine grosse Zahl (etwa 30) Wasserhosen nacheinander von Schönenwerd mit rasender Schnelligkeit
(Weg nach Norden 1100 m in 20 Sek., also in 1 Sek. =55 m.) in nördlicher oder nordwestlicher Richtung gegen das rechte Seeufer.
Oft waren 5 bis 6 solcher Gebilde zugleich auf dem aufgeregten See zu sehen. In ihrer schnellen Wanderung sie meist die Mitte des Sees,
wo sie in sich zusammenbrachen, aber als Luftwirbel noch bis ans Stäfener Ufer gelangten, und da noch Dächer und Kamine beschädigten.




Wenn man die Bahnen der Wasserhosen, wie sie von Richterswil aus genau verfolgt wurden und von Uerikon aus ungefähr angegeben werden konnten,
in die Karte einträgt, so bemerkt man, dass diese in ihrer Gesamtheit auch wieder eine Art Wirbel darstellen,
indem die Wasserhosen zuerst direkt nach Süden, dann nach Südosten, Nordosten, und zuletzt nach Nordwesten spiralig im Sinne des Uhrzeigers fortgeschleudert wurden.
Damit stimmt auch eine Notiz von Stäfa, die angibt:
„Dass der Schaden nicht grösser wurde, ist namentlich dem Umstande zuzuschreiben, dass die Stossrichtung des Orkans nicht direkt nordwärts gerichtet war, sondern wesentlich nach NW.
(Richtung seewärts) abgedreht wurde". (Zürichsee-Zeitung 1919, Nr. 4.)


Quelle: http://www.ngzh.ch

Medienlinks

Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1926): "Die lokalen Winde auf dem Zürichsee" (ab Seite 23) / (Originalquelle) / (Abstract HTML) / (Abstract PDF)

Interna

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