19190105 02 Storm Alpennordseite

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Foehn storm
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location North of Alps
Time / Duration Long-time event
Date 05.-06.01.1919
Magnitude / Dimension >130 km/h
Damage -
Fatalities -
Injuries -
Report Source Historical reports, postcards, data from official weather stations
Remarks Dimmerföhn


Ereignis

Peter Eggenberger

«In der ersten Hälfte präsentierte sich der Januar von seiner mildesten Seite, und bis zur Gäbrishöhe fehlte der Schnee gänzlich», schreibt der Chronist zum Jahr 1919 im «Häädler Kalender».
«Die Frühlingsidylle wurde aber durch den orkanartigen Föhnsturm in den ersten Tagen des Jahres gestört, und am schlimmsten wütete der wilde Geselle in den Vormittagsstunden des 5. Januars.»

Auch für den Chronisten des appenzellischen Jahrbuchs ist der Jahrhundertsturm vom Januar 1919 ein Thema.
«Der Orkan wütete grauenhaft und rüttelte mit seiner ungebändigten Kraft an Häusern und Ställen. Hunderte von Wohnstätten im Appenzellerland, Rheintal und der Region Rorschach wurden abgedeckt.
Klaffende Lücken wurden in Hauswände gerissen, und Obstbäume ohne Zahl fielen dem Wüten zum Opfer. Traurig war auch der Anblick der Wälder, die besonders hart mitgenommen wurden.
Seit dem Föhnsturm im Jahre 1863 hat kein Sturm mehr so gewütet wie derjenige in den ersten Januartagen des Jahres 1919.»

Ursachen- und Ereignisanalyse / Messdaten

Auszug aus dem Neujahrsblatt, herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft Zürich auf das Jahr 1926


Nachfolgende Karte stellt die Druckverhältnisse während dieses Föhns dar.


Das Minimum, das von Schottland innerhalb 3 Tagen in den Kanal eilte, stand etwas nördlich von Paris mit der abnormen Tiefe von nur 727 mm.
Dadurch wurde das Druckgefälle von den Alpen her ungewöhnlich gross, sodass die heftigen Föhnstürme in den Alpentälern entstanden.
In Zürich zeigten alle meteorologischen Elemente ganz ungewöhnliche Aufzeichnungen.
Die Barometerkurve fiel schon am 4. Januar morgens von 717,9 mm auf 701,6 mm, um dann am 5. Januar morgens 6½ Uhr den tiefsten Stand von 688,4 mm zu erreichen.
Es ist somit das Barometer innerhalb 2 Tagen um 29,5 mm gesunken.

Zu gleicher Zeit stieg mitten im Winter die Temperatur von 4,3° auf 14,6°,und die relative Feuchtigkeit sank bis auf 29%.
Um die grosse Erwärmung der Schweiz an diesem Tage deutlich zur Darstellung zu bringen,
haben wir, neben der Normal isotherme des Januars von -2°, die +10° Isotherme des 5. Januar 1919 in die untenstehende Karte eingezeichnet.


Den Verlauf des Föhns können wir am besten an Hand eines Wärmeprofils von Lugano bis Zürich verfolgen.


Wir sehen, dass die Steigerung der Temperatur schon am 3. und 4. Januar begann, um dann am 5. Januar morgens ihr Maximum zu erreichen.
Altdorf hatte die Hauptwirkung schon am 4. Januar, während in Zürich der Föhn erst um Mitternacht recht einsetzte, aber schon am 5. Januar, 6½ Uhr morgens, die Temperatur auf 14,6° steigerte.

Die Heftigkeit des Föhnsturms kann am besten aus den Aufzeichnungen des Windgeschwindigkeitsmessers der Meteorologischen Zentralanstalt ermessen werden.
Das Diagramm zeigt deutlich, dass die Geschwindigkeit des Windes bis 24 m/s (86 km/h) erreichte und dass der Wind stossweise auftrat, wodurch die zerstörende Wirkung wesentlich vergrössert wurde.
Herr Direktor MAURER bemerkt dazu:
"Dieses Diagramm erst ergibt einen ungefähren Begriff von den kolossal tumultuarischen Vorgängen im freien Luftmeer.
Wie muss das erst gewesen sein in den komplizierten, relativ engen Talfurchen der langen Föhntäler, wo die Windgeschwindigkeit per Sekunde sicher 30m (108 km/h), wenn nicht mehr erreicht haben mag."


Die zerstörende Wirkung dieses Föhns auf unsere Wälder war geradezu katastrophal und zwar im ganzen Alpenvorland.
So schreibt Professor BADOUX:
„Cet ouragan du 5 janvier 1919 est, au demeurant, le plus destructeur de tour ceux dont nos forêts ont jamais eu à souffir."

Und Forstinspektor M. MOREILLON sagt:
„Aucun phénomène pertubateur ne fut mentionné."
(Journal forestier suisse 1920. III. S. 41.)

Die Neuen Zürcher Nachrichten schreiben am 6. Januar 1919:
„Sogar grosse Waldkomplexe wurden kreuz und quer zusammengerissen".
Der gesamte Waldschaden betrug nach der Zusammenstellung von Professor BADOUX 817,550 m3.

Wenn wir die Schätzung von Oberförster HESS für das Oberhasli zugrunde legen, so belief sich der gesamte Wert des Schadenholzes auf 23,5 Millionen Franken.
Aber auch sonst wurde viel Schaden angerichtet.
So berichtet der Bote der Urschweiz am 7. Januar 1919:
„Die Wucht der tollen Wellen war so titanenhaft, dass die Wehrsteine am Quai in Brunnen wie Holzblöcke gehoben wurden.
Des rasenden Sees unbändige Sturzwellen verwandelten die ganze Promenade vor dem Hotel Adler in eine richtige Steinwüste."

An unserm See sind namentlich zwei grössere Schäden zu verzeichnen, der Einsturz des Turms auf dem Etzel und das Einreissen der Quaimauer in Zürich.
Über diese letztere Zerstörung haben wir von dem Tiefbauamt der Stadt Zürich in zuvorkommender Weise folgende wertvolle Angaben erhalten:

„Der in Frage kommende Sturm hatte zur Folge, dass die Quaimauer am Alpenquai auf eine Länge von 65m von der schweren Deckplatte samt Geländer entblösst wurde.
Die etwas vorstehende Platte wurde durch den heftigen Wellenschlag nach und nach gelockert und schliesslich in den See gerissen.
Leichtere Beschädigungen und Verschiebungen fanden auch auf der übrigen über 100 in langen Strecke statt.
Die Chaussierung hinter der Quaimauer wurde auf einer Fläche von ca. 200 m2 weggespült."
Stärkere Verheerungen richtete der Sturm am Zürichhorn an.
„Dort wurden nicht allein die Deckplatten, sondern auch einzelne Stellen der Mauer und des dahinter liegenden Terrains bis zu einer Tiefe von 5m weggerissen.
Beim Hafendamm Riesbach ist der ganze abgebogene, 2m breite, gemauerte Kopf an der südlichen Einfahrt zum Hafenbecken, der auf einer Pfahlkonstruktion aufgesetzt war, in einer Länge von 15m umgeworfen worden.
Der gesamte entstandene Schaden betrug 38,000 Franken."

Auch der Zugangssteg zum Boothaus des Zürcher Jachtklubs wurde demoliert, indem der äussere Brückenpfeiler eingedrückt wurde.
Die Wiederherstellungskosten beliefen sich auf rund 15,000Franken.






© Wetterzentrale

Schäden

Kanton St. Gallen

Seit Freitag, den 3. Januar 1919 brausten Föhnstürme von seltener Heftigkeit über die Ostschweiz.
Den Höhepunkt erreichte die Gewalt des Sturmes am Sonntagvormittag. Es war eine Zeitlang wirklich gefährlich, durch die Strassen zu gehen.
Von allen Seiten prasselten Dachziegel und Kaminmauersteine zur Erde, stellenweise waren die Strassen von Trümmern ganz bedeckt.
Beim Hause des Bäckermeisters Brüllisauer legte der Sturm ein höheres Kamin um, wobei Teile desselben das Dach und eine Zimmerdecke durchschlugen.
Von der schönen durchbrochenen Sandsteinfassade am Hause Theodor Federer am Hafenplatz sauste die schwere steinerne Giebelkrönung hinunter auf den Platz.
Die stärksten Tannen in privaten und öffentlichen Anlagen wurden entwurzelt.
Quelle: 150 Jahre Feuerwehr Rorschach Chronik

Der heftige Föhnsturm beeindruckte die Bevölkerung so stark, dass diverse Postkarten der Sturmschäden hergestellt wurden.
Anbei eine Auswahl aus der Gemeinde Eggersriet (SG):






















Anbei eine Auswahl aus der Gemeinde Grub (SG):







Bildquelle: www.stade-auktionen.de und www.ansichtskarten-center.de

Kanton Appenzell Ausserrhoden

Am 5. Januar wird das Appenzellerland von einem heftigen Föhnsturm heimgesucht.
Er richtet nicht nur in Wäldern, sondern auch an Gebäuden erheblichen Schaden an.
Erste Schätzungen des Forstdienstes unmittelbar nach dem Ereignis beziffern die in Ausserrhoden geworfene Holzmenge auf 80’000 m3.
Hochrechnungen der tatsächlichen Nutzungen und der Flächen des späteren Wiederherstellungsprojektes lassen jedoch insgesamt
einen von den Windwürfen und ihren Folgeerscheinungen herrührenden Holzanfall in der Grössenordnung von 120’000 m3 vermuten.
Angesichts der ohnehin schon geringen Holzvorräte wiegt der Schaden besonders schwer.
Betroffen sind das Hinterland und das Mittelland, in besonderem Masse die Gemeinden Urnäsch und Gais.
Quelle: ©2011 Oberforstamt Appenzell Ausserrhoden



Archivfotos aus der Sammlung von Werner Holderegger erschienen in der Tüüfner Post im Mai 2011

Kanton Zug

Gewaltiger Föhnsturm zu Berg und Tal der namentlich in der Berggegend ein beträchtlicher Schaden anrichtet.
Gegen 3000 Obstbäume werden entwurzelt. Der in den zugerischen Wäldern verursachte Sturmschaden beträgt annähernd 37,000 Festmeter.
Haus- und Scheunendächer werden arg demoliert.

In Unterägeri wird die Wagenremise der E.S.Z. umgeworfen.

Quelle: Die bessere Verbindung von Berg und Thal, Autor: Jgnaz Civelli, Zug 1987


Quelle: Die ESZ, 1997, Autor: Sandro Sigrist


Kanton Luzern


Postkarte Föhnsturm in Weggis 5.1.1919

Kanton Obwalden

1919 Ein Föhnsturm zerstört den Doppelhelm mit den Glocken in Lungern (OW)

Kanton Glarus

Der Föhnsturm vom 4./5. Januar 1919, den R. BILLWILLER (Lit. 1) beschrieben hat, riss in Oberurnen den Dachhelm der Pfarrkirche fort.
Der Sturm erzeugte in den Voralpen Waldschäden im Umfang von einer Million Kubikmeter.
Quelle: Der Dimmerföhn von R.STREIFE-BECKER (Zürich)

Kanton Zürich

Allerdings hat das Jahr einen bedenklichen Anfang genommen.
Am 4. und 5. Januar wütete ein Föhnsturm, der in vielen Gegenden unseres Landes gewaltigen Schaden anrichtete.
Ganze Wälder wurden verwüstet, die ältesten Tannen geknickt oder entwurzelt, Häuser abgedeckt oder zusammengedrückt.
In Zürich wurde die Quaianlage vor der Tonhalle durch die vom Sturm aufgepeitschten Wellen des Sees demoliert.
Auf dem Etzel stürzte der Turm durch die Föhnböen ein.

Zeitungsartikel


Quelle: Oberländer Tagblatt, 6. Januar 1919

Medienlinks

Interna

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