19270925 01 Flood Graubuenden GR

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Flood
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Graubünden (GR), Bergell (GR), Oberengadin (GR), St.Galler Rheintal (SG), Leventina (TI), Bleniotal (TI)
Time / Duration 48 hours
Date 24. bis 25.09.1927
Magnitude / Dimension >100mm of rain in 24 hours
Damage -
Fatalities 12
Injuries -
Report Source chronicles, general archive
Remarks -


Ereignis

Am 25./26. September 1927 kam es in den Kantonen Graubünden, Tessin und St. Gallen sowie im Fürstentum Liechtenstein zu immensen Hochwasser- und Murgangschäden.

Hochwasserkatastrophe beidseits der Alpen infolge intensiver Niederschläge.
Im Bündnerland ertranken 12 Menschen in den Fluten.
Der Schaden, vor allem im Bergell und Oberengadin, im Bündner Oberland und im Glennergebiet, belief sich auf rund 7,5 Millionen Franken.
Eingestürzte Häuser, verschüttete Dörfer, verwüstetes Kulturland und zerstörte Brücken und Strassen prägten das Bild.
Rheinnot auch im St.Galler Rheintal; Dammbrüche und schwere Überschwemmungen im Lichtensteinischen entlasteten das Hochwasser auf Schweizer Seite.
Schäden meldete ferner das Glarner Linth- und Sernftal.
Zu den im Tessin betroffenen Gebieten zählte das Bleniotal, die Leventina und die Riviera, mit Schäden von 3 Millionen Franken.


Quelle: Gerhard Röthlisberger - Chronik der Unwetterschäden in der Schweiz


Aus dem Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubünden: Band 66 (1927-1928)

Sehr unerfreuliche Witterungsverhältnisse brachte der September mit seinen gewaltigen, gewitterartigen Regenfällen, denen jeweils starke Abkühlungen folgten.
Ein solcher Regen fiel in Chur am 11./12. mit einer Niederschlagsmenge von 21,8 mm. Erneute Niederschläge erfolgten in der Nacht vom 22./23. mit 31,5 mm.
Diese setzten sich am 24. und 25. fort, erreichten in Chur (meteorologische Station) an den beiden Tagen Regenmengen von 20,5 und 59,5 mm (auf Bernhardin-Hospiz 186,2 und 75,8 mm),
und führten zu einer Hochwasserkatastrophe, wie eine solche in Graubünden seit 1868 nicht mehr erlebt wurde.

Die Scaläras- und Maschenzerrüfe zwischen Chur und Trimmis brachen bereits in der Nacht vom 22./23- September aus, gewaltige Schuttmassen talwärts wälzend, die Landstraße auf weite Strecke überdeckend.

Katastrophalen Umfang nahm das Hochwasser am Sonmtag, den 25. September, an, und ist besonders das Oberland davon schwer betroffen worden.
In Tavanasa brachten die mächtigen Wasser des Rheins die neue Betonbrücke zum Einsturz.
Eine gewaltige Rüfe, welche das selbst von der Obersaxer Seite her zu Tale fuhr, riß eine Mühle mit Wohnhaus, ein Doppelhaus und ein Bahnwärtershäuschen weg, wobei sieben Menschen ums Leben kamen.
Auf Gebiet von Waltensburg brach eine große Rüfe aus, welche oberhalb des Dorfes verheerend in Güter und Wege stürzte und das Leben dreier Männer forderte.
In Ringgenberg ging, wie anno 1868, aus Val Zavragia eine mächtige Rüfe nieder, welche in weitem Umfange das Wiesland überschwemmte und verwüstete.
Gegen 4 Uhr nachmittags waren die Mauern des großen Doppelhauses unter der Kirche durchfressen und gleichzeitig auch das Fundament der Kirche, die bald darauf zusammenstürzte.
Das Haus verschwand, und von der Kirche blieb einzig der Turm und die Chorwand stehen.
Zwischen Truns und Tavanasa wurde der Bahnkörper der Rhätischen Bahn schwer beschädigt. Das Geleise hing an einzelnen Stellen in der Luft über dem Rhein, der das Wuhr durchfressen hatte.
Ein Eisenbahnzug wurde auf dieser Strecke blockiert. Im Somvixertal sind acht Ställe zerstört und die Alp „Gegia nova" verwüstet worden.
Brücken und Stege wurden weggerissen, und ein Mann kam ums Leben.
An Holz sollen einzig aus dem Somvixertal zirka 1000 Festmeter von Rüfen und von den Fluten des Somvixer Rheins fortgetragen worden sein.

Zwischen Versam und Valendas wurde die Bahnlinie unterbrochen.
In Reichenau räumte der Rhein das durch eine 2 Meter hohe Mauer geschützte Holz« und Bretterlager der Firma Beck fast vollständig. Der Hinterrhein trat an verschiedenen Orten über die Ufer.
Bei Nufenen beschädigte er auf weite Strecken die Straße. Zwischen Medels und Splügen riß er eine Brücke weg.
Außerhalb Sufers sperrte ein größerer Errutsch die Straße. Splügen war am 26. vom Verkehr ganz abgeschlossen, da auch die Splügenpost aus Italien nicht verkehren konnte.
Unterhalb Andeer und bei Clugin riß der Hinterrhein große Flächen des Kulturlandes weg.
Im Churer Rheintal erlitten die Rheinbrücken von Felsberg, Haldenstein und Untervaz Defekte.
Zwischen Zizers und Igis brach die Bildrüfe wieder aus und überschüttete Landstraße und Wiesen.
Im Schanfigg und Prätigau verursachte das Hochwasser verhältnismäßig geringen Schaden.
Der Schraubach bei Schiers griff das Wuhr an, im Fuchsenwinkel zwischen Schiers und Jenaz verschüttete eine Rüfe Straße und Bahnlinie, und auch an verschiedenen anderen Orten, insbesondere in Valzeina gingen zahlreiche Rüfen nieder.

Gewaltige Verheerungen und große Not brachte das Hochwasser dem Rheingebiet des Kantons St. Gallen und des Fürstentums Liechtenstein.
Im Oberengadin ist die Rhätische Bahn von Bevers an unterbrochen worden. Der Flazbach überschwemmte den Bahnhof von Samaden.
Die Campagna zwischen Bevers und Samaden glich einem See. Der Berninabach führte außergewöhnlich viel Wasser.
Der Eisenbahndamm bei Pontresina wurde in einer Länge von zirka 250 Meter von dessen Fluten weggerissen, und ebenso eine Brücke unterhalb Berninahäuser.
Auch im Puschlav waren die Wildbäche mächtig angeschwollen, und der Poschiavino trat an verschiedenen Stellen über die Ufer.

Sehr schwer wurde das Bergell vom Hochwasser heimgesucht.
Die Orlegnia stürzte sich mit gewaltigen Geschiebemassen auf Casaccia und verwandelte die Straße in ein wildes Flußbett.
In Vicosoprano wälzte die Albigna große Schuttmassen nach dem Dorfe und demolierte die Dorfstraße. Quellen und Wasserleitung wurden verschüttet.
In Stampa wurden die Brücke Castelmur, die alte Gerberei, drei Häuser und die Sägerei von der Maira weggeschwemmt, und das Hotel Piz Duan erlittgroßen Schaden.
In Promontogno ist die Mühle Scartazzini stark beschädigt worden. Die Quelle, welche Brunnen und Hydranten speiste, verschwand.
In Bondo ist die alte Brücke, welche nach Spino führte, weggerissen worden, und unterhalb Bondo bis Castasegna spülte die Maira große Wiesenkomplexe weg.

Auffallend war das Verhalten der Schwalben zur Zeit der Hochwasserkatastrophe. Sie hatten sich zum Fluge nach Süden gesammelt. Große Schwärme trafen am 25. in Chur ein, wo sie in großer Unruhe durch Gärten und um Häuser herum flogen.
In Reichenau beobachtete man („Fr. Rätier" Nr. 232), wie die Tierchen zu vielen Hunderten ob den Fluten des Rheines kreisten, sich ins Wasser stürzten und nach kurzem Untertauchen wieder aufschnellten.
Und aus Splügen berichtete ein Augenzeuge der „Frkf. Ztg.", wie am Tage der Katastrophe große Züge von Schwalben, welche im wilden Wettersturm den Flug über den Splügenpaß versuchten, in erschöpftem Zustande Schutzsuchend sich ins Dorf flüchteten.


Bilder

Liechtensteinisches Überschwemmungsgebiet:

Quelle: Schweizerische Bauzeitung Oktober 1927


Abflussdiagramme:



Quelle: Eidgenössisches Amt für Wasserwirtschaft

Messdaten

Übersicht Regenmengen >60mm vom 24. oder 25.09.1927

© Kai Kobler / Quelle Karten-Screenshot
>> Link zu interaktiver Karte

Analyse von Dr. R. Billwiller


© MeteoSchweiz ANNALEN der SCHWEIZERISCHEN METEOROLOGISCHEN ZENTRAL-ANSTALT 1927

Medienlinks

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