20140711 01 suspected Tornado Wagenhausen TG: Unterschied zwischen den Versionen

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Leichte Kornschäden in einem Feld nordwestlich von Kaltenbach:<br/>
Spuren in einem Feld nordwestlich von Kaltenbach:<br/>
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© Adrian Hess<br/><br/>
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Version vom 17. Juli 2014, 10:41 Uhr

Quick Facts

Type of Event Tornado (Funnelcloud confirmed)
Verification State QC0+
ESWD Not reported
Location Wagenhausen (TG)
Time / Duration The funnelcloud was photographed at 09.45 and at 09.48 UTC (with possible touchdown at 09.48 UTC)
Date 11.07.2014
Magnitude -
Damage -
Fatalities -
Injuries -
Report Source Skywarn report, photos, direct contact with eyewitness
Remarks -


Ereignis

Am 11. Juli 2014 konnte kurz vor Mittag von mehreren Augenzeugen eine ausgeprägte und weit hinab reichende Funnelcloud über der Gemeinde Wagenhausen (TG) beobachtet und fotografiert werden. Gemäss bisherigen Informationen zog sie innerhalb weniger Minuten in etwa vom Ortsteil Etzwilen Richtung Südosten nach Kaltenbach, wo sie sich aufzulösen begann. Kurzer Bodenkontakt wird anhand der Fotos vermutet, ist aber trotz aufgefundener Spuren in einem Feld nicht eindeutig belegt. Darum wird dieser Fall vorderhand als Tornadoverdacht geführt.


Kartenquelle: Bundesgeoportal

Zweite Funnelcloud:
Augenzeuge Adrian Hess berichtet, dass er - als die Funnelcloud in etwa über Kaltenbach und im Begriff sich aufzulösen war - die Bildung einer weiteren nadelförmigen Funnelcloud wenige Hundert Meter östlich von der ersten beobachten konnte (davon existieren leider keine Fotos). Diese verlor er anschliessend aufgrund aufkommenden Regens aus den Augen.

Die vorliegende Ereignisseite befasst sich mit der ersten Funnelcloud resp. mit dem Tornadoverdacht. Für die zweite Funnelcloud wurde eine separate Ereignisseite erstellt.

Bilder

Die bislang bekannten Fotos bezeugen, dass die Funnelcloud des mutmasslichen Tornados mindestens 3 bis 5 Minuten sichtbar gewesen sein muss. Trotzdem gibt es nur wenige Bilder (alle vom selben Zeugen). Dies ist vermutlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass dichter Regen weitestgehend die Sicht auf das seltene Wetterphänomen verdeckte.

Die folgenden Originalbilder zeigen die Funnelcloud im Abstand von drei Minuten und werden uns von Adrian Hess freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Fotoserie 1

  • Zeit: 11.45 Uhr MESZ
  • Blick von "Gibishüt", Wagenhausen Richtung SW (Ortsteil Etzwilen)
  • alle fünf Bilder haben einen zeitlichen Abstand von jeweils wenigen Sekunden
  • die Funnelcloud zog im Bild von rechts (NW) nach links (SO)
  • das älteste Foto in dieser Serie ist dasjenige ganz links (Foto Nr. 1)
  • das jüngste Foto in dieser Serie ist dasjenige ganz rechts (Foto Nr. 5)


    © Adrian Hess

    Serie 1 - Einzelfoto 1

    © Adrian Hess

    Serie 1 - Einzelfoto 2

    © Adrian Hess

    Serie 1 - Einzelfoto 3

    © Adrian Hess

    Serie 1 - Einzelfoto 4

    © Adrian Hess

    Serie 1 - Einzelfoto 5

    © Adrian Hess

    Fotoserie 2
  • Zeit: 11.48 Uhr MESZ
  • Blick von "Gibishüt", Wagenhausen Richtung SSW
  • alle vier Bilder haben einen zeitlichen Abstand von jeweils wenigen Sekunden
  • die Funnelcloud zog im Bild von rechts (W) nach links (O)
  • das älteste Foto in dieser Serie ist dasjenige ganz links (Foto Nr. 1)
  • das jüngste Foto in dieser Serie ist dasjenige ganz rechts (Foto Nr. 4)


    © Adrian Hess

    Serie 2 - Einzelfoto 1

    © Adrian Hess

    Serie 2 - Einzelfoto 2

    © Adrian Hess

    Serie 2 - Einzelfoto 3

    © Adrian Hess

    Serie 2 - Einzelfoto 4

    © Adrian Hess

    Radarbilder

    Auf den folgenden Radarbildanimationen kann man erkennen, wie ab ca. 11.30 Uhr MESZ eine Starkregenzelle von Nord nach Süd über Wagenhausen zieht. Um etwa 11.45 Uhr MESZ (zum Zeitpunkt der Sichtung der Funnelcloud) wird nur wenige Kilometer nordnordwestlich von Wagenhausen - bei Ramsen (SH) - eine zweite Zelle sichtbar, welche in der Folge erneut nach Süden zieht und dabei Wagenhausen im Westen streift.

    Animation 11 bis 12 Uhr MESZ:

    © Meteoradar

    Animation 12 bis 13 Uhr MESZ:

    © Meteoradar

    Die dokumentierte Funnelcloud (auf dem folgenden Bild mit einem gelben Punkt markiert) bildete sich zwischen den beiden erwähnten Starkregenzellen.


    © Radarbild: Meteoradar

    Weitere Wetterdaten

    Folgende Grafik zeigt die grossräumigen Windverhältnisse in der Nordostschweiz zum Zeitpunkt 11.30 Uhr MESZ. Die eingezeichneten Windpfeile zeigen, wie der Wind östlich des Kantons Schaffhausen auf südliche Richtungen dreht.


    Quelle: Meteoschweiz

    Folgende Grafik zeigt die Wettermesswerte der Station ARA in Stein am Rhein (SH). Gegen 11.30 Uhr MESZ zog die erste Zelle (siehe Radarbilder) direkt über die Wetterstation (=> Niederschlag/Temperaturrückgang). Damit einhergehend fand ein vorübergehender Windrichtungswechsel von NW auf E bis NE statt (Outflow).


    Quelle: http://www.wetterwerte.ch/box/index.php?id=600034&zeitraum=tag&yyyy=2014&mm=07&dd=11&param=summary&lang=de

    Folgende Grafik zeigt die Windmesswerte der Station Kaltenbach. Sie zeigt zum Zeitpunkt des Ereignisses (11.40 Uhr bis 11.50 Uhr MESZ) ein Abflauen des Windes und eine vorübergehende Drehung der Windrichtung von SSW auf W.


    Quelle: Meteoschweiz

    Analyse

    Ablauf
    Anhand der Fotoserien und Augenzeugenberichte kann festgehalten werden, dass die erste Funnelcloud gegen 11.45 Uhr MESZ über dem Raum Rheinklingen/Etzwilen sichtbar wurde (siehe "1" auf untenstehender Karte) und in der Folge nach Südosten Richtung Kaltenbach zog, wo sie sich rund 5 Minuten später wieder auflöste (siehe "3" auf untenstehender Karte). Auf dem Weg dorthin schwächelte sie zwischenzeitlich (siehe jüngstes Bild der Fotoserie 1), bevor sie kurz vor Kaltenbach zu neuerlicher Stärke zurückfand (Fotoserie 2). Um 11.48 Uhr MESZ reichte der sichtbare Schlauch bis hinter den Horizont (Kuppe). Im Bereich eines möglichen Touchdowns konnten später tatsächlich Spuren im Korn gefunden werden (siehe "2" auf untenstehender Karte). Ob diese tornadischen Ursprungs sind, kann nicht abschliessend beurteilt werden.



    Spuren in einem Feld nordwestlich von Kaltenbach:

    © Adrian Hess

    Auf der folgenden Karte sind die Orte markiert, wo Windspuren bzw. leichte Vegetationsschäden gefunden wurden. Diese liegen im Bereich des vermuteten Touchdowns (siehe Übersichtskarte zu Beginn des Artikels).

    Datei:20140711 01 Verdacht Tornado Wagenhausen TG Spuren.jpg
    © Adrian Hess

    Entstehungstheorie
    Die Entwicklung der beiden im Kapitel "Radarbilder" angesprochenen Schauerzellen im Raum Singen (D) / Ramsen war auf eine Bodenwindkonvergenz zurückzuführen: Nördlich des Rheins wehte der Wind aus nördlichen Richtungen, südlich des Rheins aus südlichen Richtungen. Die Konvergenz lag mehr oder weniger direkt entlang des Rheins. Eine Theorie zur Entstehung der Funnelcloud bzw. des möglichen Tornados besteht darin, dass der Abwind der ersten Zelle das Windfeld im Raum Wagenhausen derart zu modifizieren vermochte, dass die in diesem Bereich bereits vorhandene horizontale Scherung einen entscheidenden Impuls zur Rotation bekam. Ein so entstandener lokaler Wirbel könnte im Einflussbereich eines frischen Aufwindes (möglicherweise der nachfolgenden Zelle?) in die Höhe gestreckt worden sein, womit die Geburt der Funnelcloud eingeleitet worden wäre. Dies würde auf einen Vortex non-mesozyklonalen Ursprungs (Typ II) hindeuten, was durch die Radarbilder unterstützt wird.

    Dazu eine Grafik zur Veranschaulichung:


    Quelle: Wikipedia

    Folgendes Radarbild der Meteogroup zeigt die Radarreflektivität zur mutmasslichen Geburtszeit der Trichterwolke (11.40 Uhr MESZ), sowie die Windrichtungsfedern einzelner umliegender Wetterstationen. Die angesprochene grossräumige Konvergenz ist mit rosa Pfeilen eingezeichnet, den Outflow der ersten Zelle mit einem roten Pfeil.


    Quelle Radar- und Winddaten: MeteoGroup/MeteoSchweiz

    Auffälligkeit:
    Auf folgendem Bild ist oberhalb der Funnelcloud versetzt eine Art clear slot auszumachen - ein Feature, welches eher bei einem Tornado mesozyklonalen Ursprungs zu erwarten wäre. Ob bzw. inwieweit dieser clear slot (sollte es denn einer sein) einen Einfluss auf die Entwicklung und/oder Organisation der rotierenden Wolke gehabt hat, ist unbekannt.


    © Originalbild: Adrian Hess

    Hier nochmals zwei Grossaufnahmen der Trichterwolke (beide © Adrian Hess):