18840818 01 Hail Lenzburg AG

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Large Hail
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Mainly affected by the large hail was Lenzburg (AG), Aarau (AG), Rohr (AG), Schafmatt (AG)

Mainly affected by the medium-sized hail was Läufelfingen (BL), Lampenberg (BL), Liedertswil (BL), Niederdorf (BL), Oberdorf (BL), Höllstein (BL), Waldenburg (BL), Wiesen (SO), Lostorf (SO), Stüsslingen (SO), Erlinsbach (SO), Küttigen (AG), Thalheim (AG), Oberflachs (AG), Tägerig (AG), Rohrdorf (AG), Spreitenbach (AG), Ober- und Unter-Engstringen (ZH), Weiningen (ZH), Dietikon (ZH).

Time / Duration 18.00 local time +/- 30 min
Date 18.08.1884
Magnitude / Dimension Estimated 4 - 5 cm in diameter, up to 50 g
Damage Worst devastations on houses, roofs, windows and tiles
Fatalities -
Injuries -
Report Source Historical report
Remarks probably supercell storm

Ereignis


Quelle: Zürcher Oberländer, Band 32, Nummer 98, 23. August 1884

Der erste Zug machte sich zuerst in den am weitesten nach Westen vorgeschobenen Theilen der Schweiz, über den Gebieten des Genfer- und Neuenburgersees bemerklich circa um 15.00 Uhr,
trat um 16.00 Uhr über den nördlichen Jura in die Kantone der Nord- und Mittelschweiz ein uud durchzog diese in rein östlicher Richtung.
Ein nördlicher Flügel gelangte (20.00 Uhr) an den untern Theil des Bodensees, ein südlicher bis an den Säntis (19.30 Uhr).

Dieser Gewitterzug, dessen Ausbrüche nur im nördlichen Theil der Schweiz und auch hier nur mässig zahlreich waren, brachte uns einen der grössten zusammenhängenden Hagelschläge des Jahres.
Derselbe überschüttete einen Strich von ca. 70 Km. Länge in der Breite von einigen wenigen bis 7 Km. mit Hagelkörnern, die bis Baumnuss- und Hühnereigrösse hatten.

Der Schaden war an vielen Orten sehr bedeutend. Der Hagel begann zu fallen in Reigoldswil im Kanton Basel um 17.10 Uhr; die Körner waren hier vereinzelt mit dem Regen gemischt, hatten aber doch schon Baumnussgrösse.
Ostwärts weiter schreitend, schädigte er die Gemeinden Läufelfingen, Lampenberg, Liedertswil, Niederdorf, Oberdorf, Höllstein, Waldenburg. In Eptingen waren die Körner nur haselnussgross.
In den solothurnischen Gemeinden Wiesen, Lostorf, Stüsslingen, Nieder- und Ober-Erlinsbach aber erreichten sie wieder Baumnussgrösse.
Hier hatte sich ein nördlicher Arm abgetrennt, welcher hinter dem Fluhberg über die Schafmatt, Geissfluh und hinter der Wasserfluh durchzog.

Der südliche Arm theilte sich im Kanton Aargau ebenfalls wieder in zwei Aeste, deren oberer über Ober-Erlinsbach, Küttigen, Thalheim und Oberflachs
und deren unterer über Nieder-Erlinsbach und Aarau auf Lenzburg zu zog, wo sich beide wieder vereinigt zu haben scheinen.
Wenigstens setzte sich der Hagelstrich nun in breiterem Streifen ostwärts fort und überschritt nach Verwüstung des zwischenliegenden Geländes die Reuss bei Mellingen und Gnadenthal,
traf dann die Gemeinden Ober- und Unter-Rohrdorf und Spreitenbach und theilte sich hier wieder in zwei Arme, die das Regensdorferthal und das Limmatthal aufwärts zogen,
und sich hinter dem Katzensee wieder zu einem schmalen Band vereinigten, das sich noch bis Opfikon fortsetzte. Hier im Kanton Zürich litten namentlich die Gemeinden Ober- und Unter-Engstringen, Weiningen und Dietikon.


Wir lassen einige Details aus den Aufzeichnungen der Beobachter dieser Hagelschläge folgen:

Aus dem Kanton Solothurn:
Das Gewitter begann um 16.00 Uhr, kam von W und NW und entleerte sich circa 17.00 Uhr unter sturmähnlichem Nordwestwind während 3-4 Minuten.
Die Hagelkörner waren gross (Baumnuss- und Haselnussgrösse), rund und auch eckig geballt. Der Boden erschien wie mit einer Schneedecke überzogen.
Die Wolken zeigten das Aussehen eines dichten weissen Nebels und waren am Südrand und an der Ostfläche wie eine senkrechte Mauer abgeschnitten.
Der Hagelschlag nahm fast mathematisch genau dieselbe Entwicklung wie im Jahre 1881 und legt der Volksmund den Grund dieses rasch wiederkehrenden Unglücks
in Entholzungen oberhalb Eptingen am Schmutzberg, Blitzhalden und Heugg bei Läufelfingen, namentlich Privatwaldungen.
(J. Meier, Bez.-Förster)

Aus dem Aargau:
Die Erhebungen westlich von Aarau haben ergeben, dass das Hagelwetter aus der Gegend von Eptingen und der Wysenfluh hergekommen ist und sich vorzugsweise heftig hinter dem Dottenberg durch
über Burg und Lostorf und dort südlich durch die Klus und diejenige bei Stüsslingen in's Aarethal ergossen hat.
Ein sehr starker Zweig hat sich über der Schafmatt gebildet (in Oltigen soll es nicht, dagegen in Wysen sehr stark gehagelt haben) und ist von dort theils hinter Geissfluh und Wasserfluh durch bis Thalheim gezogen
und theils durch die Erlinsbacher Klus hinausgebrochen und nach Küttigen gezogen.
Bemerkenswerth ist die scharfe südliche Begrenzungslinie des Hagelstriches auf dem Lostorfer und Stüsslinger Feld, die hierorts genau aufgenommen wurde.
Auch südlich von Erlinsbach und Aarau ist der Strich genau begrenzt.
In der Tiefe längs der Aare war der Hagelfall heftiger und dichter, über der Stadt und südlich derselben nahm die Intensität rasch ab.
Im Uebrigen treffen für Aarau die Angaben über die Schlossen zu, welche für Lenzburg gemacht werden (siehe weiter unten).
Zu bemerken ist noch, dass die Waldung, welche meist aus alten Tannen besteht, südlich Lostorf am Rande kaum vom Hagel berührt wurde
und dass erst gegen Erlinsbach hin ein waldiger Kopf Pfaffenweg und Blotti überschritten wurde. Bei Aarau hat der Hasenberg mit seinem alten Holzbestand das Zelglifeld gedeckt.
(J. Riniker, Oberförster.)

Der Westsüdwest-Sturm war hier (Eisenbahnstation Lenzburg) so gewaltig, dass er von der Rampe des Güterschuppens ein Weinfass von 62 Kg.,
zwei Petroleumfässer und eine Anzahl grosser, leerer Kisten bis auf das dritte Bahngeleise von der Rampe aus hinuntergeworfen hat.
Ferner wurden zwei Personenwagen und ein gebremster Gepäckwagen ca. 250 m weit auf dem Geleise der Seethalbahn fortgeschoben vom Sturm.
Der Schlossberg hat das Hagelwetter nicht gestaut oder getheilt, wie anno 1881, 23. VI., denn auf dem Schlosse und in dessen Hofe lagen ebenso viele und noch grössere Schlossen,
wie unten in der Stadt; Beweis, dass die Hagelwolken diessmal höher stunden als damals.
Auch sind auf dem Schloss an der Nordwestseite fast sämmtliche Scheiben zertrümmert.
Auffallend war die Form der Schlossen; die meisten waren platt gedrückt, wie die Frucht der Malven.
Viele hatten einen Durchmesser bis zu 5 und 6 cm und eine Dicke bis zu 3 cm.
Die grössten Schlossen waren eiförmig und mit vielen keuligen Anhängseln versehen. Das Gewicht der grössten betrug über 40 Gramm.
(R. Hensler, Kreisförster)

Das Hochgewitter zog sich vom Schlossberg und Gollenberg bei Lenzburg über Hendschikon gegen Dottikon.
Gewölk so tief, dass vom Bahnhof Dottikon aus das Dorf und die Anhöhe Maiengrün unsichtbar wurde, in schwärzliches Gewölk eingehüllt erschien.
In Dottikon sind unten im Dorf nur vereinzelte Schlossen gefallen und ist hier kein Schaden bemerkbar, wohl aber über der Vorder- und Hinter-Egg,
über den Maiengrün bei der Einsiedelei und Weingarten und weiter über die Igelweid gegen Wohlenschwil.
Der Niederschlag war am heftigsten nördlich von Hägglingen über den Sandbühl, gegen Lohren und Lücken hin über die 10-20jährigen Hochwaldbestände, gegen Tägerig und weiter nach Busslingen, Rohrdorf.
Der südliche Theil vom Dorf Hägglingen hatte nur vereinzelte Schlossen, die Strasse gegen Buschikon bildet ungefähr die Grenze des stärksten Hagelschlages gegen Süden.
In Hägglingen hat ein Konglomerat von verschiedenen Hagelkörnern das auf der Westseite in der Hausthüre angebrachte, gusseiserne Gitter getroffen und demselben durch die Kraft des Schlages 7 Sprünge beigebracht.
Schaden am Obst immerhin blos 1/5 bis höchstens 1/3, weil die Schlossen stark mit Regen vermischt gefallen sind.
Der über Buschikon gehende Zug setzte sich gegen Gnadenthal fort. Im jungen Tannwald über Lohren, Lucken und Estrich sind viele Gipfeltriebe abgeschlagen.
(Dössekel, Kreisförster)

Aus dem Kanton Zürich:
Das Gewitter spaltete sich sehr wahrscheinlich am Bickberg oberhalb Würenlos in die beiden Gewitter im Limmat- und Regensdorferthal,
zu ersterem stiess dann unterhalb Weiningen ein Nebengewitter von Künten, Stetten, Rordorf her über das kahle Plateau des Sennhofes.
In Koschenrüti-Seebach, dem Vereinigungspunkte der beiden Gewitterzüge, war der Schaden am grössten; in den Reben wurden Blätter und Holz zerfetzt.
In den Waldungen im Dällikerberg (meist Privatwaldungen mit grossem Holz) finden sich beinahe bis auf den Grat des Berges zerfetzte Blätter.
In den Rebbergen Weiningens wurde ein Ausfall, von 60-70% des Ertrages constatirt.

Charakteristische Gewitterzüge am 18. August 1884
(Grössere zusammenhängende Hagelstriche sind durch Schraffierung markiert)

© MeteoSchweiz, Lith. Joh. Frey, Zürich

Messwerte (Regenmengen)

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Medienlinks

© MeteoSchweiz ANNALEN der SCHWEIZERISCHEN METEOROLOGISCHEN ZENTRAL-ANSTALT 1884

Interna

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