20020624 01 Downbursts Kanton Aargau

Aus Schweizer Sturmarchiv
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In der Nacht auf den 24. Juni 2002 gingen im Mittelland verbreitet heftige Gewitter nieder. In diesem Gewitterzug eingelagert, bildete sich gegen 02 Uhr (MEZ) im Westen eine Superzelle, welche in der Folge bis 05 Uhr (MEZ) das ganze nördliche Mittelland bis nach St. Gallen überquerte.

Mit dem Durchzug dieser Superzelle waren in der beschriebenen Region nebst heftigem Hagelschlag und Starkregen auch aussergewöhnlich kräftige Sturmwinde aufgetreten.
Nach Auswertung der Schadensbilder und deren Signaturen kann das Auftreten eines Tornados nicht nachgewiesen werden. Vielmehr handelte es sich um extrem heftige Downbursts, also um Fallböen aus der Gewitterzelle. Auch wurden keine längeren zusammenhängende Schadenszüge gefunden.
Allerdings lässt die Schwere der lokalen Schäden sowie diverse Zeugenaussagen den Schluss zu, dass in der Region lokal extrem hohe Windböen aufgetreten sind. Es ist davon auszugehen, dass es lokal zu Windgeschwindigkeiten von 150 km/h und darüber gekommen ist. In Bezug auf die Fujita und TORRO-Skala kann das Ereignis als F2, resp. T4 eingestuft werden.
(Auszug aus dem Schadensbericht von Andreas Hostettler, Winterthur)


Die Superzelle richtete nicht nur wegen der Downbursts und den Starkregenfällen enorme Schäden an. Auch grosser Hagel insbesondere in den Kantonen Aargau und Zürich richtete zusätzlich erheblichen Schaden an. Die vorliegende Seite widmet sich den Sturmschäden, während sich eine weitere Seite den Hagelschäden widmet.

Detaillierter Bericht über die Sturmschäden in der Region Niederlenz, Birrhard und Wohlenschwil

in Bearbeitung..

von Andreas Hostettler

Den Anlass die Schäden im Kanton Aargau genauer anzusehen, gaben nach der eindrücklichen Gewitternacht vom Sonntag, den 23.06.2002 auf Montag, den 24.06.2002, Meldungen aus den Aargauer Medien sowie die nachfolgend zitierte Nachricht von Herrn Hess aus Wohlenschwil, die am 25.06.2002 auf der Meteo Redaktion von SF DRS eingegangen ist:

„Sehr geehrtes Meteo-Team
Ich habe gestern hier in Wohlenschwil gegen 4 Uhr den gewaltigen Sturm miterlebt. Zum Hagel sind die umherfliegenden Steine gekommen, die vermutlich von den entwurzelten Bäumen weggeschleudert wurden. Bei der Morgendämmerung wurde der Schaden immer mehr ersichtlich. In unserem Garten liegen sehr viele ältere (mind. 30 Jahre alte) Bäume.“ – Und weiter: - „Durch den Wald (von Mägenwil Richtung Wohlenschwil) hat es eine Schneise gezogen, auch da liegt alles kreuz und quer! Obstbäume beim Bauern weiter vorn wurden nicht nur entwurzelt, sondern sogar ein Stück mitgetragen! Auch in unserem Garten liegen Baumteile entfernt von der Bruchstelle. Frage: hat sich gestern Nacht ein Tornado von Lenzburg oder Mägenwil her Richtung Wohlenschwil entwickelt?

Mit freundlichen Grüssen
Adrian Hess“

Die folgenden 2 Tage waren Andreas Hostettler (MeteoSchweiz) und Willi Schmid (Atmosphärenphysiker und Tornadoforscher) im Schadensgebiet zu Boden und in der Luft unterwegs um das mögliche Auftreten eines Tornados zu prüfen. Als Pilot für den Überflug stellte sich spontan Herr Von Burg zur Verfügung.

Auf folgender Karte sind die Schadensgebiete blau eingezeichnet. Es handelt sich dabei meistens um Waldschäden, besonders in Niederlenz aber auch um zum Teil massive Gebäudeschäden. Die Pfeile stellen die Ausrichtung der Schadenszüge dar.


© Andreas Hostettler

Weitere Analysen und Berichte

Analyse von Bernhard Oker:
http://62.202.7.134/app/skywarn/analysen/20020623/gewitter20020623.htm

Bericht von Thies Stillahn:
http://www.grenzwetter.de/Chasings_2002/23_06_2002/23_06_2002.html

Erlebnisbericht von Tobias Ferrari:
http://www.wetterstation-wohlen.ch/wetter.php?seite=spezial/presseberichte/24.06.2002

Bilder aus Lenzburg (AG) rund 14 Stunden nach dem Unwetter:
http://www.wetterstation-wohlen.ch/wetter.php?seite=spezial/presseberichte/24.06.2002_bilder

Bericht/Analyse von Willi Schmid (Meteoradar):
http://www.metradar.ch/de/archiv_020624.php

Weitere Berichte:
http://freenet-homepage.de/soloo/schaeden.html
http://www.arbernet.ch/unwetter_24.htm
http://members.fortunecity.de/svogt/240602.html
http://www.metradar.ch/de/archiv_020624.php

Radaranimation dieser Nacht:
http://www.metradar.ch/de/archiv/archiv_020624/anim_020624.gif

Meldung in der AZ Online:
http://www.azag.ch/dyn/cms/article_print.cfm?print_send_dom=azonline&dom=2&rub=1023&arub=37&nrub=0&id=1224065

Presseartikel in der Mittellandzeitung:
http://www.mypage.bluewin.ch/stormchasing/Site/Gewitternacht.html

Bericht in der SF Tagesschau

Mitternachts-Sondierung von Payerne:

© Bernhard Oker

Pressemitteilung der Gemeinde Killwangen (AG):

Die Sturmböen rissen ganze Dächer weg

GEWITTER · Heftige Winde und nussgrosse Hagelkörner richteten lokal mehr Schaden an als «Lothar»

Die Gewitter am frühen Montagmorgen haben im Aargau grosse Schäden hinterlassen. Speziell betroffen war ein Band von West nach Ost zwischen Aarau, Lenzburg und Mellingen bis Killwangen. In Niederlenz flogen ganze Dächer weg.

[von Alois Felber]
In Niederlenz bot sich gestern ein Bild der Zerstörung. Reihenweise waren Bäume umgeknickt. In den Dächern klafften Löcher. Die Strassen waren übersät mit abgeschlagenem Laub. Stellenweise lag der Hagel Stunden nach dem Gewitter noch herum. Nussgrosse Eiskörner bildeten weiss-grüne Teppiche in Quartierstrassen. Überall war die Feuerwehr an der Arbeit. Seit 3.30 Uhr zersägte sie Baumstämme, räumte Geäst weg und sicherte die abgesperrten Strassen.

«Schuld» an dem ungewohnten Ortsbild war eine «ganze böse» Gewitterzelle, wie sich Frank Krauser von SMA-Meteoschweiz ausdrückte. Zusammen mit anderen Gewitterzellen habe sie sich von West nach Ost über das Mittelland verschoben. Etwa um 3.30 Uhr habe sie eine Kernzone der höchsten Intensitätsstufe ausgebildet. Auf ihrem Weg lagen Ortschaften wie Aarau, Lenzburg, Mellingen, Killwangen, Spreitenbach - Orte, welche die Gewitternacht auf Montag besonders zu spüren bekommen sollten. Eine solche Kernzone hinterlasse eine Hagelschneise von einem bis drei Kilometer Breite, sagte Krauser. Es hagelte in dieser Nacht. Aber nicht nur.

Als sich in Aarau die Keller mit Wasser zu füllen begannen, musste Feuerwehrkommandant Dieter Gautschi konstatieren, dass die Alarmzentrale in Schafisheim vorerst derart überlastet war, dass die Hilferufe der wassergeschädigten Leute nicht ins Feuerwehrmagazin durchdringen konnten. Wie gewohnt im Gönhardschulhaus, diesmal aber auch in der Innenstadt drückte das Wasser durch die Kanalisation in die Häuser, liefen die Toiletten über. Das Kleiderlager von Charles Vögele und der Bücherkeller von Meissner waren betroffen. Von der Echolinde her ergossen sich ganze Wassermassen ins Zelgli-Quartier und hinterliessen Schlamm in Einfamilienhäusern.

Weiter ostwärts wurde der Wind zu einem Problem. Im Lenzburger Westquartier und in Niederlenz fegte der Sturm Ziegel von den Dächern. Bäume knickten um und drückten Dächer ein oder versperrten Strassen. «An der Hauptstrasse fielen fast alle Bäume um», sagte der Niederlenzer Feuerwehrkommandant Gilbert Kull, der die Strasse nach Lenzburg erst um 12 Uhr wieder freigeben konnte. Es sei wie ein Wirbelsturm gewesen. Zeitweise habe die Sichtweite nur zwei Meter betragen.

Der Sturm zerfetzte aber auch ganze Dächer. So verlor der erst im letzten Jahr eröffnete Neubau der EPA in Niederlenz seine Überdeckung. Herabstürzendes Holz und Blech begruben ein Auto. Der ganze Dachstock der Firma Baumann Transporte im Industriegebiet zwischen Lenzburg und Niederlenz verteilte sich in Form von Trümmern über den angrenzenden Weizenacker. Und auch vom Dach der benachbarten Häfeli Transporte AG wurden Ziegel und Dachbalken weggerissen. Herumfliegende Trümmer beschädigten Fahrzeuge. Was Transporteur Ernst Baumann besonders erstaunt: Der Wind riss zwei vier Tonnen schwere Lastwagen-Anhänger um fast 180 Grad herum und verschob die Beton-Liftschachtabdeckung auf seinem Dach. Bei der Firma Häfeli drückte der Wind Hallentüren und Scheiben ein. So begrub eine Schiebetüre auch die erst am Vortag aus Karlsruhe zurückgebrachten beiden Aargauer «Ballett-Bagger», die aber unbeschädigt blieben.

Die Häfeli-Hauswartin Therese Fuchs sagte: «‹Lothar› war im Vergleich dazu heilig!» Und der Feuerwehrkommandant bestätigte: Nach «Lothar» gab es in Niederlenz 24 Schadensfälle an Gebäuden. Bis zum Nachmittag zählte die Feuerwehr diesmal deren 65.

Die Autobahnunterführung zwischen Niederlenz und Lenzburg stand zeitweilig bis zu einem Meter unter Wasser. Derweil gab es im Wohnquartier Ringstrasse Nord ebenfalls massive Schäden. Sonnenstoren wurden zerfetzt. Bäume begruben Autos unter sich. Immerhin: Die erst vor kurzem neu gepflanzten Ersatzlinden für die von «Lothar» gefällten Bäume auf dem Richtplatz Fünflinden blieben stehen.

Der Sturm setzte sein Zerstörungswerk weiter östlich fort - etwa in Mellingen und Wohlenschwil, wo gemäss Rolf Hirsiger vom Gemeindeführungsstab fünf Häuser teilweise massiv abgedeckt wurden und acht bis neun grosse Bäume die Strassen versperrten. Vor allem die Kulturschäden seien enorm, sagte Hirsiger. Im Wald bei Wohlenschwil gebe es nun einen Streifen von vielleicht 400 bis 500 Meter Breite, in dem fast jede Tanne geknickt sei. Fast wie das Zerstörungsbild eines Tornados sehe das aus. Auch in Mellingen muss-ten überschwemmte Keller ausgepumpt und Strassen gesperrt werden.

Probleme gab es auch auf der Autobahn. Die Leute des Schafisheimer Werkhofs mussten gemäss Strassenmeister Oskar Arnet um 3.30 Uhr ausrücken, weil zwischen Lenzburg und Othmarsingen mehrere Bäume auf die Autobahn gestürzt waren. Als das Gewitter über den Heitersberg weitergezogen war und unterwegs mit Hagel unter anderem fast alle Glasscheiben an den Gewächshäusern der Gärtnerei Egloff in Niederrohrdorf eingeschlagen und das Gemüse richtiggehend zerschnetzelt hatte, wurde auch noch die Autobahn zwischen Killwangen und Würenlos überschwemmt. Von Hagel und Windböen abgeschlagenes Laub hatte die Einlaufschächte verstopft.

In Würenlos gab es derweil weniger Schäden als in Killwangen und Spreitenbach. So trat der Bach in Killwangen über die Ufer und die Autobahnunterführung beim Bahnhof Killwangen-Spreitenbach stand zeitweise mehr als einen Meter unter Wasser. Die Hagelkörner von bis zu 4 Zentimeter Durchmesser zerschlugen ausserdem Fensterscheiben und die Oberlicht-Kuppeln des Spreitenbacher Schulhauses Hasel, was allein einen Schaden von 20 000 Franken verursachte. Spreitenbachs Gemeindeammann Rudolf Kalt bezeichnete das Unwetter als «mittelgrosses Ereignis».

Der kantonale Führungsstab kam gemäss Robert Brändlin nicht zum Einsatz, weil die Gemeinden gut mit der Situation zurechtgekommen seien. Der Kantonspolizei waren bis gestern Abend keine Meldungen über unwetterbedingte Verletzte bekannt.

Quelle: http://www.cvp-killwangen.ch/Aktuell-Presse-2002.htm#25.06.2002

Diskussionen im Schweizer Sturmforum:

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