18410718 01 Storm Alpennordseite: Unterschied zwischen den Versionen

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'''I. Enstehung des Orkans'''<br/><br/>
'''I. Enstehung des Orkans'''<br/><br/>


Könnten wir von der Höhe des Aethers herab die Oberfläche des Luftkreises, auf dessen Boden wir leben; betrachten, so würde sie uns eben so wenig als eine ebene Kugelfläche erscheinen, als die Oberfläche der Erde selbst und wie auf dieser Gebirgsketten und Thäler, Höhen und Tiefen mit einander wechseln, so folget auch im Luftkreis beständig Ausdehnung aus Zusammenziehungm Höhe auf Tiefe.<br/>
Wie auf dem Lande das Wasser hier als Bach oder Fluss von der Anhöhe herabrinnt, dort als mächtiger Wasserfall über die Felsenwand brausend sich herabstürtz;<br/>
Wie auf dem Lande das Wasser hier als Bach oder Fluss von der Anhöhe herabrinnt, dort als mächtiger Wasserfall über die Felsenwand brausend sich herabstürtz; so fliesset auch in der oberen Region der Luftstrom bald als sanfter Wind von der Erhebung zur Senkung, bald aber stürzt er sich mit der Gewalt und Schnelle des Sturmwindes von der ungleich höheren Luftsläule zur Tiefe gerab.<br/>
so fliesset auch in der oberen Region der Luftstrom bald als sanfter Wind von der Erhebung zur Senkung, bald aber stürzt er sich mit der Gewalt und Schnelle des Sturmwindes von der ungleich höheren Luftsläule zur Tiefe herab.<br/>
Der eine Grund, welcher verändernd auf die Höhe und Dichtheit der Luftsäule einwirkt, ist die Wärme. Die Atmosphäre bildet um die Erde ein Sphäroid, dessen Durchmesser am Aequator ungleich grösser ist , als an den Polen.<br/>
Der eine Grund, welcher verändernd auf die Höhe und Dichtheit der Luftsäule einwirkt, ist die Wärme.<br/>
Die wärmenden Strahlen der aufgehenden Sonne dehnen täglich die Luft aus, die sich als sanfter Morgenwind über das Land ergiesst; jeder schattige Wald, an dessen Rande, auch bei sonst stiller Luft, unaufhörlich ein erfrischendes Wehen bemerkt wird, veräth uns die Verschiedenheit der Ausdehnung der sonnig erwärmten und der abgekühlten Luft; dasselbe lehrt uns am Strande des Meeres der Wechsel der LAnd- und Seewinde, ja, im Kleinen, jede vorüberziehende, Schatten gebende, Wolke.<br/>
Die Atmosphäre bildet um die Erde ein Sphäroid, dessen Durchmesser am Aequator ungleich grösser ist , als an den Polen.<br/>
Noch bedeutender ist jedoch der andere Grund der inneren Gestaltung der Luftsäulen, die Elektrizität nämlich, aber jene ekektrische Spannung, welche zunächst von der Kraft des Planeten selber ausgehet und einem inneren WEchsel unterliegt, wiewohl es unläugbar ist, dass die höhere Welt der Gestirne nicht bloss durch ihre anziehenden Kräfte den Luftkreis bewegt, sondern auch hemmend oder verstärkend auf die elektrische Kraft der Planetenfläche zu wwirken vermag.<br/>
Die wärmenden Strahlen der aufgehenden Sonne dehnen täglich die Luft aus, die sich als sanfter Morgenwind über das Land ergiesst;<br/>
Von dieser elektrischen Spannung, von dieser Wechselwirkung der Atmosphäre und der ERdfläche hängt unsere Witterung grösstentheils und hauptsächlich ab.<br/>
jeder schattige Wald, an dessen Rande, auch bei sonst stiller Luft, unaufhörlich ein erfrischendes Wehen bemerkt wird, veräth uns die Verschiedenheit der Ausdehnung der sonnig erwärmten und der abgekühlten Luft;<br/>
dasselbe lehrt uns am Strande des Meeres der Wechsel der Land- und Seewinde, ja, im Kleinen, jede vorüberziehende, Schatten gebende, Wolke.<br/><br/>
Noch bedeutender ist jedoch der andere Grund der inneren Gestaltung der Luftsäulen, die Elektrizität nämlich, aber jene ekektrische Spannung, welche zunächst von der Kraft des Planeten selber ausgehet und einem inneren Wechsel unterliegt, wiewohl es unläugbar ist, dass die höhere Welt der Gestirne nicht bloss durch ihre anziehenden Kräfte den Luftkreis bewegt, sondern auch hemmend oder verstärkend auf die elektrische Kraft der Planetenfläche zu wirken vermag.<br/><br/>
Von dieser elektrischen Spannung, von dieser Wechselwirkung der Atmosphäre und der Erdfläche hängt unsere Witterung grösstentheils und hauptsächlich ab.<br/>
Sie ist zugleich die Ursache des veränderten statischen Verhältnisses der Atmosphäre und der dadurch bedingten Entstehung der Winde.<br/><br/>
Sie ist zugleich die Ursache des veränderten statischen Verhältnisses der Atmosphäre und der dadurch bedingten Entstehung der Winde.<br/><br/>
Gehen wir nun, nach diesen Vorbemerkungen, auf die seit dem Beginne des Jahres so auffallende und merkwürdige Witterung zurück, so wird es bald klar werden, dass und wie der fragliche Orkan durch sie begründet wurde und der Beschaffenheit der Atmosphäre zufolge früher oder späthter, als gewöhnlich kalten Winter, der eine Masse Schnee und Eis erzeugt hatte, folgte ein eben so ungewöhnlich warmer ujd trockener Frühling, der von der letzten Hälfte des April an , schon im Mai eine wahre Sommerhitze von 20 bis 26° R (xx °C) brauchte und bis Anfang Juni fordauerte.<br/>
Gehen wir nun, nach diesen Vorbemerkungen, auf die seit dem Beginne des Jahres so auffallende und merkwürdige Witterung zurück, so wird es bald klar werden, dass und wie der fragliche Orkan durch sie begründet wurde und der Beschaffenheit der Atmosphäre zufolge früher oder später, mehr oder minderheftig erfolgen musste:<br/>
Diese so lange anhaltende, ausserordentliche Hitze musste natürlich die Eismassen des nördlichen Polar-Meeres früher, schneller und in ungewöhnlicher Menge lösen, südlicheren Gegegnden sie zuführen und hier durch ihre vermehrten Ausdünstungen die Atmosphäre ungewöhnlich feucht und kalt machen.
 
Daher seit Anfang Juni bis Ende Juli das beständig feuchte und kalte Wetter, zu einer Zeit, wo die Sonne mit ihrer ganzen Gluth, mit ihrer grössten Kraft von oben auf die Erdfläche einwirken sollte.<br/>
Auf einen mehr, als gewöhnlich kalten Winter, der eine Masse Schnee und Eis erzeugt hatte, folgte ein eben so ungewöhnlich warmer und trockener Frühling, der von der letzten Hälfte des April an, schon im Mai eine wahre Sommerhitze von 20 bis 26° Réaumur (25-32°C) brauchte und bis Anfang Juni fortdauerte.<br/><br/>
Bewirket schon im Ganzen jede Abkühlung der Luft, wenn sie vorher mit Wasser gesättigt war, eine Verdichtung des luftartigen Wassers zur tropfbarflüssigen Form, in der es entweder als Thau zu Boden gefällt weir, oder als Nebel und Gewölk in der höheren Region sich ansammelt; so musste jenes luftartige Wasser (Gas), welches beständig und in so grosser Menge von jenen Eismassen in die höheren Regionen aufstieg, ein unendliches Gewölk erzeugen, welches durch den Wind dem festen Lande zugeführt wurde.<br/>
 
Dieser Wind musste aber deben so nothwendig eine östliche Richtung nehmen, d.h. in Deutschland musste ein beständiger Westwind wehen, da die kältere Luft stets in die östlichen, noch nicht von jenem Gewölk abgekühlten Gegenden hindringen musste.<br/>
Diese so lange anhaltende, ausserordentliche Hitze musste natürlich die Eismassen des nördlichen Polar-Meeres früher, schneller und in ungewöhnlicher Menge lösen, südlicheren Gegegnden zuführen und hier durch ihre vermehrten Ausdünstungen die Atmosphäre ungewöhnlich feucht und kalt machen.<br/>
Denn auch das statische Verhältnis der Atmosphäre musste dadurch gestört werden, die oberen Luftsäulen mussten immer stärker und heftiger auf die unteren eindringen, je kälter die oberen Luftschichten werden  mussten und jemehr durch die aus der Erde sich entwickelnde Wärme und Elektrizität die untere Luftschicht verdünnt wurde und am Ende mit Sturmesgewalt aus sie losbrechen.<br/>
Daher seit Anfang Juni bis Ende Juli das beständig feuchte und kalte Wetter, zu einer Zeit, wo die Sonne mit ihrer ganzen Gluth, mit ihrer grössten Kraft von oben auf die Erdfläche einwirken sollte.<br/><br/>
Denn wi unläugbar auch das Licht der Sonne die vorherrschend erzeugende Ursache der Wärme unserer Körperwelt ist, so zeigt uns doch die beständige Winterkälte der Berggipgel und Höhenpunkte, so wie der oberen, dünneren Schichten der Atmosphäre, selbst unter dem Aequator, von welcher wichtigkeit für das Enstehen der Wärme durch das Sonnelicht die Wechselwirkung der dichteren Atmosphäre und der Erdveste sei.<br/>
Bewirket schon im Ganzen jede Abkühlung der Luft, wenn sie vorher mit Wasser gesättigt war, eine Verdichtung des luftartigen Wassers zur tropfbarflüssigen Form, in der es entweder als Thau zu Boden gefällt wird, oder als Nebel und Gewölk in der höheren Region sich ansammelt; so musste jenes luftartige Wasser (Gas), welches beständig und in so grosser Menge von jenen Eismassen in die höheren Regionen aufstieg, ein unendliches Gewölk erzeugen, welches durch den Wind dem festen Lande zugeführt wurde.<br/><br/>
Dahr kann sich nur in dieser Wechselwirkug und in der Nähe der Ergdfläche Wärme und Elektrizität erzeugen; daher kann kann kein Sturm ohne elektrische Beschaffenheit der Luft entstehen, so wie elektrische Erscheinungen stets mit ihm verbunden sind; daher die Sltenheit der Stürme bei nahaltend kaltem Wetter und die häufigen Stürme bei Gewittern.<br/>
Dieser Wind musste aber deben so nothwendig eine östliche Richtung nehmen, d.h. in Deutschland musste ein beständiger Westwind wehen, da die kältere Luft stets in die östlichen, noch nicht von jenem Gewölk abgekühlten Gegenden hindringen musste.<br/><br/>
So war es ma 17. und noch mehr am 18. Juli des Jahres.<br/>
Denn auch das statische Verhältnis der Atmosphäre musste dadurch gestört werden, die oberen Luftsäulen mussten immer stärker und heftiger auf die unteren eindringen, je kälter die oberen Luftschichten werden  mussten und jemehr durch die aus der Erde sich entwickelnde Wärme und Elektrizität die untere Luftschicht verdünnt wurde und am Ende mit Sturmesgewalt auf sie losbrechen.<br/><br/>
^Die Hitze war an diesem Tage so gross, die Luft so schwül und elektrisch, dass, wie dies bei der Annäherung von scxhweren Gewittern häufig der Fall ist, die reizbareren Menschen sich unbehaglich fühlten, ohne eine Ursache dafür angeben zu können, und nach einer Erlleichterung sich sehnten; die Luft war, mit einem Worte: Sturmesschwanger!<br/>
Denn wie unläugbar auch das Licht der Sonne die vorherrschend erzeugende Ursache der Wärme unserer Körperwelt ist, so zeigt uns doch die beständige Winterkälte der Berggipgel und Höhenpunkte, so wie der oberen, dünneren Schichten der Atmosphäre, selbst unter dem Aequator, von welcher Wichtigkeit für das Enstehen der Wärme durch das Sonnelicht die Wechselwirkung der dichteren Atmosphäre und der Erdveste sei.<br/><br/>
Daher kann sich nur in dieser Wechselwirkung und in der Nähe der Erdfläche Wärme und Elektrizität bilden; daher kann kein Sturm ohne elektrische Beschaffenheit der Luft entstehen, so wie elektrische Erscheinungen stets mit ihm verbunden sind; daher die Seltenheit der Stürme bei anhaltend kaltem Wetter und die häufigen Stürme bei Gewittern.<br/><br/>
So war es am 17. Juli und noch mehr am 18. Juli des Jahres 1941.<br/>
''Die Hitze war an diesem Tage so gross, die Luft so schwül und elektrisch war, wie dies bei der Annäherung von schweren Gewittern häufig der Fall ist, die reizbareren Menschen sich unbehaglich fühlten egen der Schwüle, Lie Luft war, mit einem Worte: Sturmesschwanger!'''<br/>


Doch, der Ausbruch dieses Sturmes würde sich vielleicht noch verzögert haben, wenn nicht eine andere Ursache hinzugekommen wäre.<br/>
Doch, der Ausbruch dieses Sturmes würde sich vielleicht noch verzögert haben, wenn nicht eine andere Ursache hinzugekommen wäre.<br/>

Version vom 17. Januar 2017, 22:25 Uhr

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Quick Facts

Type of Event Foehn storm
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Alps and north of Alps
Time / Duration Long-time event
Date 18.07.1841 in the morning
Magnitude / Dimension >130km/h
Damage / Impact -
Fatalities -
Injuries -
Report Source historical reports
Remarks -


Ereignis

Der Föhnorkan entwickelte sich erst des Morgens zwischen 8 bis 9Uhr und mag seine stärkste Wirkung zwischen 10 bis 11Uhr erreicht haben.
Im Rheinthale wurden die stärksten Bäume entweder entwurzelt oder abgebrochen, viele Häuser der Dächer beraubt.
Bei den Rheinfährten Stricke zwerrissen, woran die Schiffe befestigt waren, und die Schiffe wurden entweder auf Kiesbänke oder an entfernte Ufer geworfen.
Personen, die sich beim Eintreten eines Windstosses nicht an Häuser oder Bäume klammern konnten, wurden umgeworfen.

Von den Firsten der Appenzeller Alpen stürzte dieser Orkan in die verschiedenen Thäler von Appenzell mit solcher Heftigkeit herab,
dass strichweise die Bäume grosser Waldkomplexe entwurzelt oder abgebrochen wurden.
Eine Menge Häuser wurden mehr oder weniger demoliert.
Im Brülisauer Tobel wurde ein Schindeldach von einer Brettersäge abgerissen, 30-40 Fuss lang, 15-20 Fuss breit, (~12m lang, ~6m breit)
und unversehrt in einer Entfernung von einigen hundert Fuss (~100m) abgelegt.

Zwischen Bühler und Gais warf der Wind eine schwere zweispännige Kutsche um, welche ausser dem Kutscher noch mit 4 Personen belastet gewesen ist.

In der Stadt St. Gallen wurden mehrere Schornsteine abgerissen.
Es regnete zuweilen Dachziegel, die mit Fenster, Jalousien und Trockenstangen gemengt gewesen sind.
In der Umgebung von Mörschwyl sind eine Menge der stärksten und an Holz gesunde Obstbäume seiner Gewalt erlegen.

Das Wasser des Bodensee's wurde in eine solche Bewegung versetzt, gleich als wenn ein Vulkan seine Feuerwerkstätte unter dem Seebette aufgeschlagen hätte.
In Horn schlugen die Wassersäulen an die am Ufer stehenden Gebäude bis auf 12 bis 16 Fuss (~4m) Höhe an.
In Friedrichshafen trieb der Wind die Wasserwellen über den Hafendamm bis fast auf die halbe Entfernung zur Hauptsrasse hinauf.

Dieses orkanartige Auftreten des Föhnwindes erstreckte sich nicht allein auf die Schweiz, Tyrol und die angrenzenden nördlich liegenden Gegenden.
Es soll, wenn auch nicht in gleicher Stärke, über ganz Deutschland, ja soll noch in Dänemark beobachtet worden sein.

Quelle: J.C. Deicke


Am Schwäbischen Ufer des Bodensees war die Brandung so furchtbar, dass in dem grossen Ort Langenargen die am Ufer sich hinziehenden Grundstücke
unter die ausgeworfenen Geröllmassen begraben und die Obstbäume auf der dem See zugewandten Seite bis Brusthöhe vollständig entrindet wurden.
Zwei Klafter (~3.6m) hohe Pallisaden, welche zum Schutz der Gärten am See hin angebracht waren, wurden herausgeworfen und wie Strohhalme fortgeschleudert.

Auf die Bedachung des nahe am See stehenden, 3. Stock hohen Spitalgebäudes warfen sich die Wellen mit einer solchen Wucht,
dass die auf der entgegengesetzten Seite stehende Wohnung des Pfarrers bespritzt wurde.
Durch die in den Ort eingedrungenen Wellen wurde die Hauptstrasse ruiniert.

Die diesem Föhnorkan vorausgegangene Nacht zeichnete sich durch ein fast ununterbrochenes heftiges Wetterleuchten aus.
Während an diesem Tag der Föhn von Wien bis Lyon wüthete, herrschte auf der Südseite der Alpen Windstille.

Quelle: Dr. A. Petermann


Allein der gewöhnliche Föhn reicht schwäbischer Seits nur bis gegen Waldburg und Ravensburg, den 18. Juli 1841 aber wüthete der Südsturm, wenn auch nicht mit denselben Symptomen, in Mainz, an Unterrhein, in Norddeutschland.
Reichte der Sturm weiter nördlich als gewöhnlich, so kam er wahrscheinlich auch weiter von Süden, als gewöhnlich.

Sonst erscheint den Bewohnern des schwäbischen Ufers vor dem Ausbruch des Föhns die Schweiz sehr nahe, den 17. und 18. Juli 1841 erschien sie sehr entfernt, die Gebirge sehr niedrig.

Der Föhnsturm trieb eine grosse Masse Holz von Bregenz nach Lindau, nahm auf der östlichen Hälfte des schwäbischen Ufers sehr viel Kulturland weg, so dass einige neue Strassen nun schon ziemlich Nachbarn des Sees geworden sind.
In Friedrichhafen deckte er in ein paar Stunden den starken Holzdamm ab, warf die grossen Balken gegen die Stadtmauer, brach zwei starke Breschen in die Schlossmauer.

Quelle: Ludwig Bauer


Seit vielen Jahren hatten wir keinen Orkan von solcher Heftigkeit und solchem Umfange, wie dieser.
Dabei waren die ihn begleitenden Erscheinungen von ebenso merkwürdiger Art.
Anstatt dass sonst ein heftiger Sturm nach plötzlich veränderter Witterung, nach lange anhaltender Schwüle oder infolge eines starken Gewitters entsteht, ging ihm hier ein mehrwöchentliches, fast kaltes Regenwetter voraus und nur wenige Tage zuvor hatte sich diese Kälte gemindert und war am Tage des Ausbruchs selbst, bei stets bewölktem Horizont, bis zu einem Wärmegrad von 22° Reaumure (27.5°C) übergegangen, eine Wärme, die sonst nur bei hellem Sonnenschein möglich ist!
Werden auch sonst stärkere Stürme gewöhnlich von elektrischen Erscheinungen begleitet, so sind sie doch nicht so auffallend und verberbenbringend.
Hier aber war diese den Sturm begleitende, Elektrizität in einem Grade sengend und brennend, wie dies sonst nur in den heissen Ländern des Südens der Fall ist!

Geht sonst der Sturm, zumal in Gebirgsgegenden, in derselben Richtung wohl mehrere Meilen fort und lässt die jenseits der Gebirge liegenden Gegenden oft ganz unberührt; so war es hier ganz Deutschland, vom Niederrhein und Belgien bis an die deutsche Kaiserstadt und von der Schweiz bis zur Ostsee und Dänemarks Küste, was er zu dem Schauplatze seiner Verheerungen machte!
Nun dürfte es wohl der Mühe Wert sein, diesen in so шancher Beziehung merkwürdigen Orkan zum Gegenstande einer meteorologischen Monographie zu mаchen, und der Verfasser dieser, der seit beinahe dreissig Jahren mit Witterungsbeobachtungen sich beschäftigte hat, würde sich freuen, wenn es ihm gelungen wäre, durch diese Zeilen die Aufmerksamkeit erfahrener Meteorologen zu erregen und sie zu Mitteilungen ihrer Ansichten über diesen Gegenstand zu veranlassen.

I. Enstehung des Orkans

Wie auf dem Lande das Wasser hier als Bach oder Fluss von der Anhöhe herabrinnt, dort als mächtiger Wasserfall über die Felsenwand brausend sich herabstürtz;
so fliesset auch in der oberen Region der Luftstrom bald als sanfter Wind von der Erhebung zur Senkung, bald aber stürzt er sich mit der Gewalt und Schnelle des Sturmwindes von der ungleich höheren Luftsläule zur Tiefe herab.
Der eine Grund, welcher verändernd auf die Höhe und Dichtheit der Luftsäule einwirkt, ist die Wärme.
Die Atmosphäre bildet um die Erde ein Sphäroid, dessen Durchmesser am Aequator ungleich grösser ist , als an den Polen.
Die wärmenden Strahlen der aufgehenden Sonne dehnen täglich die Luft aus, die sich als sanfter Morgenwind über das Land ergiesst;
jeder schattige Wald, an dessen Rande, auch bei sonst stiller Luft, unaufhörlich ein erfrischendes Wehen bemerkt wird, veräth uns die Verschiedenheit der Ausdehnung der sonnig erwärmten und der abgekühlten Luft;
dasselbe lehrt uns am Strande des Meeres der Wechsel der Land- und Seewinde, ja, im Kleinen, jede vorüberziehende, Schatten gebende, Wolke.

Noch bedeutender ist jedoch der andere Grund der inneren Gestaltung der Luftsäulen, die Elektrizität nämlich, aber jene ekektrische Spannung, welche zunächst von der Kraft des Planeten selber ausgehet und einem inneren Wechsel unterliegt, wiewohl es unläugbar ist, dass die höhere Welt der Gestirne nicht bloss durch ihre anziehenden Kräfte den Luftkreis bewegt, sondern auch hemmend oder verstärkend auf die elektrische Kraft der Planetenfläche zu wirken vermag.

Von dieser elektrischen Spannung, von dieser Wechselwirkung der Atmosphäre und der Erdfläche hängt unsere Witterung grösstentheils und hauptsächlich ab.
Sie ist zugleich die Ursache des veränderten statischen Verhältnisses der Atmosphäre und der dadurch bedingten Entstehung der Winde.

Gehen wir nun, nach diesen Vorbemerkungen, auf die seit dem Beginne des Jahres so auffallende und merkwürdige Witterung zurück, so wird es bald klar werden, dass und wie der fragliche Orkan durch sie begründet wurde und der Beschaffenheit der Atmosphäre zufolge früher oder später, mehr oder minderheftig erfolgen musste:

Auf einen mehr, als gewöhnlich kalten Winter, der eine Masse Schnee und Eis erzeugt hatte, folgte ein eben so ungewöhnlich warmer und trockener Frühling, der von der letzten Hälfte des April an, schon im Mai eine wahre Sommerhitze von 20 bis 26° Réaumur (25-32°C) brauchte und bis Anfang Juni fortdauerte.

Diese so lange anhaltende, ausserordentliche Hitze musste natürlich die Eismassen des nördlichen Polar-Meeres früher, schneller und in ungewöhnlicher Menge lösen, südlicheren Gegegnden zuführen und hier durch ihre vermehrten Ausdünstungen die Atmosphäre ungewöhnlich feucht und kalt machen.
Daher seit Anfang Juni bis Ende Juli das beständig feuchte und kalte Wetter, zu einer Zeit, wo die Sonne mit ihrer ganzen Gluth, mit ihrer grössten Kraft von oben auf die Erdfläche einwirken sollte.

Bewirket schon im Ganzen jede Abkühlung der Luft, wenn sie vorher mit Wasser gesättigt war, eine Verdichtung des luftartigen Wassers zur tropfbarflüssigen Form, in der es entweder als Thau zu Boden gefällt wird, oder als Nebel und Gewölk in der höheren Region sich ansammelt; so musste jenes luftartige Wasser (Gas), welches beständig und in so grosser Menge von jenen Eismassen in die höheren Regionen aufstieg, ein unendliches Gewölk erzeugen, welches durch den Wind dem festen Lande zugeführt wurde.

Dieser Wind musste aber deben so nothwendig eine östliche Richtung nehmen, d.h. in Deutschland musste ein beständiger Westwind wehen, da die kältere Luft stets in die östlichen, noch nicht von jenem Gewölk abgekühlten Gegenden hindringen musste.

Denn auch das statische Verhältnis der Atmosphäre musste dadurch gestört werden, die oberen Luftsäulen mussten immer stärker und heftiger auf die unteren eindringen, je kälter die oberen Luftschichten werden mussten und jemehr durch die aus der Erde sich entwickelnde Wärme und Elektrizität die untere Luftschicht verdünnt wurde und am Ende mit Sturmesgewalt auf sie losbrechen.

Denn wie unläugbar auch das Licht der Sonne die vorherrschend erzeugende Ursache der Wärme unserer Körperwelt ist, so zeigt uns doch die beständige Winterkälte der Berggipgel und Höhenpunkte, so wie der oberen, dünneren Schichten der Atmosphäre, selbst unter dem Aequator, von welcher Wichtigkeit für das Enstehen der Wärme durch das Sonnelicht die Wechselwirkung der dichteren Atmosphäre und der Erdveste sei.

Daher kann sich nur in dieser Wechselwirkung und in der Nähe der Erdfläche Wärme und Elektrizität bilden; daher kann kein Sturm ohne elektrische Beschaffenheit der Luft entstehen, so wie elektrische Erscheinungen stets mit ihm verbunden sind; daher die Seltenheit der Stürme bei anhaltend kaltem Wetter und die häufigen Stürme bei Gewittern.

So war es am 17. Juli und noch mehr am 18. Juli des Jahres 1941.
Die Hitze war an diesem Tage so gross, die Luft so schwül und elektrisch war, wie dies bei der Annäherung von schweren Gewittern häufig der Fall ist, die reizbareren Menschen sich unbehaglich fühlten egen der Schwüle, Lie Luft war, mit einem Worte: Sturmesschwanger!'

Doch, der Ausbruch dieses Sturmes würde sich vielleicht noch verzögert haben, wenn nicht eine andere Ursache hinzugekommen wäre.
Dies war der schon einige Tage früher in Italien wehende, glühendheisse und dabei gewöhnlich mit Wasserdunst überladene Sirocco.
Selten pflegt er über die Alpen herüber zu kommen. Die rauhere Luft des Nordens gestattet dem warmen und weichlichen Südländer keinen Eingang.
Aber diesmal fand er bei seinem sengenden Zuge von Süden nach Norden auch diesseits der Alpen alles zu seiner Aufnahme gleichsam vorbereitet.
Die sonst, im Verhältnis zum italischen Himmel, kalte und warme Luft der Transalpinischen Länder war durch die Wärme und Elektrizität ungewöhnlich verdünnt und bis zur südlichen Hitze erwärmt und dadurch aus ihrem Gleichgewichte gebracht.
Der glühende Fremdling konnt daher ohne Mühe in sie eindringen und, mit seinem westlichen Bruder vereinigt, in Sturmesschritte ganz Deutschland durcheilen und erst an Dänemarks Gestaden sich Ruhe gönnen.
So geschah es. Der Sirocco zeigte sich zuerst in Palermo und Neapel; dann am 17. Juli in Rom und Florenz.
In Rom war er schon am Morgen, in Florenz erst am Nachmittage von 1 bis 3 Uhr.
So ging er über die Alpen, wüthete, in Deutschland, besonders im Badischen, gegen 2 Uhr Nachmittags wahrgenommen wurde, zwischen 3 und 4 Uhr in hiesiger Gegend in seiner grössten Heftigkeit tobte, um 5 Uhr in Berlin sich zeigte und des Abends um 9 Uhr in Kopenhagen zu Ende ging.
Diesseits der Alpen war er mit dem gerade wehenden Westwinde zusammengetroffen und daher des Sturmes Richtung aus Südwesten nach Nordosten.

Dass endlich an der ungewöhnlichen Störung des Luftmeeres auch noch eine innere Aufregung im Erdkörper Schuld trage, darauf scheinen allerdings die an manchen Orten bemerkten Erdstösse, so wie die fasst zu derselben Zeit sich zeigende Unruhe und Auswürfe des Vesuvs hinzudeuten. Indes sind es doch nur Vermutungen, zu deren näheren Würdigung hie der Ort nicht ist. Und so wäre denn die Entstehung des fraglichen Orkans möglichst erklärt und gezeigt, dass die ihn begleitenden elektrischen Erscheinungen, z.B. das Versengen der Gewächse, der Blätter an Bäumen und Weinstöcken - ihren natürlichen Grund in der grossen Elektrizität der Luft hatten. Auch fällt es bei dieser Erklärung in die Augen, warum in den wieter östlich gelegenen Orten, z.B. Wien, Odessa, zu derselben Zeit, wo wir im Westen von DEutschland beständig bedeckten Himmel hatten, das schönste, hellste Wetter war und vielfach klagen über ungewöhnliche Hitze und Trockenheit vernommen wurden. -
Ob die an demselben Tage stattgefundene Sonnenfinsternis Einfluss auf diesen Orkan hatte oder nicht?
Darüber sind die Meinungen sehr geteilt. Wenn schon, wie oben gezeigt wurde, die Entziehung des Sonnelichts durch eine Gewitterwolke einen heftigen Wind verursachen kann; warum sollte nicht die Entziehung dieses Sonnelichtes durch den Mond einen ähnlichen Erfolg haben können? Das dies nicht bei jeder Finsternis, sondern nur dann geschehen kann, wenn die Beschaffenheit der Atmosphäre dazu geeignet und mit einem Übermasse von Elektrizität angefüllt ist, erscheint eben so begreiflich, als dass nicht jede dunkle Wolke einen heftigen Wind eregt. Mit dieser Annahme müssen wir uns wohl einstweilen begnügen.


II. Fortgang und Wirkung des Orkans

Historische Quellen

Interna

SSWD Main Editor Kaiko Last Edit 15.01.2017 Last Review - Documentation State Draft