18630107 01 Storm Alpennordseite

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Foehn storm
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Alps and north of Alps
Time / Duration Long-time event
Date 06. / 07.01.1863
Magnitude / Dimension >130km/h
Damage / Impact -
Fatalities -
Injuries -
Report Source historical reports
Remarks -


Ereignis

Föhnsturm vom 6. Januar 1863.

"Da begann das neue Jahr 1863. Ein entsetzlicher Schnee- und Föhnsturm, desgleichen die ältesten Leute sich nur aus dem Jahre 1808 erinnern, brach am 6. Januar los."
Dabei wüthete der unheimliche Föhn, das wilde Kind der Wüste Sahara, in grausenerregender Weise.
Er verwehte jede menschliche Spur, selbst die Telegraphenstangen wurden entwurzelt und umgeworfen,
so dass seit jener Nacht für mehrere Tage alle und jede elektrische Verbindüng über die Alpen zerstört wurde.
In der unteren Schweiz wütete der Föhn noch verheerender, als in der Höhe da die droben in engen Alpenthäler eingeschlossene Kraft nun in der Hochebene entfesselt war.
Zahllose Bäume wurden entwurzelt, ganze Dächer einer grossen Menge von Häusern und Ställen fortgetragen, ja sogar einzelne Gebäude ganz vom Erdboden rasiert.
Dabei läuteten alle Glocken schauerlich, vom Sturmwind bewegt, in den Aufruhr der Elemente.

Für die nördliche Schweiz liefert der Aufsatz von Deicke folgende Daten:
Schon in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar nahm der Föhn in der ganzen Schweiz einen sturmartigen Charakter an.
Der sich in dem Thale der Stadt St. Gallen unter starkem Regen, vermischt mit Schneegestöber morgens zwischen 8-9 Uhr als Orkan anmeldete.
Ungefähr um 10 Uhr seine grösste Energie entfaltete und zwischen 11 und 12 Uhr sich nur noch als gewöhnlicher Föhn bemerkbar machte.
Bedeutende Verheerungen übte der Orkan im Linththale bis zum Zürichsee an.

In allen Tobeln, die in die Sitter münden, sind die meisten und oft die stärksten Bäume umgeworfen oder abgebrochen worden.
Mit einigen Ausnahmen hatten die Stämme die Lage von S. nach N. und sind daher auch in dieser Richtung vom Orkan erfasst worden.
An der Handwyler Höhe und besonders im Nordabfalle dieser Berge sind eine grosse Menge Bäume, 39 oft drei Schuh im Durchmesser haltend,
entweder mit der Wurzel herausgerissen oder abgebrochen worden. Auch hier lagen die Stämme fast durchwegs von S. nach N.
Eine Menge Dächer von Gebäuden und fast ganze Gebäude sind im Thale der Sitter durch den Orkan zerstört worden.

In Teufen wurde ein Mann durch einen fortgeschleuderten Balken erschlagen.
Bei Bühler warf der Wind einen Postwagen und einen Omnibus, gefüllt mit Passagieren um.
Zwischen Nesslau und Wildhaus dreimal den Postschlitten, wie Schuppli in den St. Galler Mittheilungen 1861-1862 mittheilt.
Der Kupferbeschlag von der Kuppel des Kirchturms in Bühler wurde theilweise abgerissen.
In Appenzell AR beträgt der durch den Orkan verursachte Scbaden 442,484 Franken, wovon 115,224 die Gemeinde Teufen betrafen.
Im Kanton St. Gallen betrug der Schaden 308,397 Franken.
In beiden Kantonen hat sich der Orkan der Quere nach auf ungefähr 12 Schweizer Stunden ausgedehnt.
Der Länge nach von S. nach N. im Ober-Toggenburg 5-6 Stunden, von Gais über Teufen nach St. Gallen kaum 3, am Bernharder Berge kaum 2.

In der Art der Fortpflanzung unterscheidet sich dieser Orkan von dem von 1841.
Letzterer ist nämlich überall von Süden nach Norden eingedrungen, hingegen hat sich der von 1863 von West nach Ost verbreitet.





Ursachen- und Ereignisanalyse / Messdaten

Schäden

Kanton St. Gallen

Kanton Appenzell

Der Föhnsturm im Januar 1863.

Unsre Chroniken erzählen uns von manchem Föhnsturm in frühern Jahren, so aus dem letzten Jahrhundert von dem im Jahre 1749 und aus dem gegenwärtigen von dem im Jahre 1821.
An Schrecken und Verheerungen Wohl eben so reich als die erwähnten war der im Januar 1863.
Ja, wenn wir die räumliche Ausdehnung ins Auge fassen, innerhalb deren Grenzen dieser neueste Sturm auftrat, so übertrifft er unsers Wissens alle frühern an Furchtbarkeit und Größe des verursachten Schadens.
Am 5. Januar fieng der Südwind an, zu wehen, und wehte immer stärker bis zum 6. Dann trat am Nachmittage dieses Tages einige Ruhe ein; der Wind schien sich zu legen.
Gegen Abend aber erhob er sich mit verdoppelter Gewalt und tobte die ganze Nacht auf den 7. Januar hindurch mit rasender Macht; heulend verscheuchte er den Schlaf von hundert und tausend Augen und richtete schon in dieser Nacht große Verheerungen an.

Allein noch hatte er die Höhe seiner Stärke nicht erreicht.
Erst am Morgen des 7. Januar, an den meisten Orten im Lande zwischen 7 und 8 Uhr, brach er mit seiner vollen Gewalt, mit unbeschreiblicher Wuth los und verursachte in unglaublich kurzer Zeit in Feld und Wald, an Häusern und Scheunen einen ungeheuren Schaden.

Von allen Seiten liefen Berichte, darunter oft wahrhaft erschütternde, über die Verheerungen des Sturmes ein.
In unserm Lande blieb keine einzige Gemeinde ganz verschont, am härtesten indessen wurden das Hinter- und Mittelland betroffen und in Innerrhoden die Bezirke Kau, Lank, Schlatt und Engenhütten.

In Außerrhoden allein belief sich die Zahl dcr geschädigten Häuser und Scheunen auf über 500 (genau kann die Zahl leider nicht angegeben werden).
Diese Gewalt äußerte sich nicht bloß dadurch, daß unzählige Fensterläden, Schindeln, Ziegel und Kamine abgerissen und Hunderte von Fensterscheiben zerschlagen wurden, sondern der Sturmwind hob zu Dutzenden und Dutzenden halbe und ganze Dächer ab und trug sie fort, oft so weit und an solche Orte, daß man sie eigentlich suchen mußte, und damit nicht zufrieden, riß er an manchem Orte hier eine Scheune, dort ein Haus aus allen Fugen und zertrümmerte sie ganz und gar.

So wurde in Schwellbrunn der Stadel des Hauses Nr. 204 total ruiniert, auf der Steig in Bühler eine Wohnung bis auf die Stube zerrissen.
In Hundweil wurde ein Haus völlig überstürzt, in Haslen eine Scheune von der Anhöhe, ans der sie stand, ins Thal geworfen.
Und solcher Beispiele wären viele anzuführen. Viele Häuser mußten momentan verlassen werden, weil sie den Einsturz drohten.
Andere konnten nur mit der größten Anstrengung vor der Entdachung gerettet werden, indem man die Dächer mit Ketten und Seilen an in die Erde geschlagene mächtige Pflöcke band.
Das gelang indessen nicht überall. In Teufen und andern Orten trug der Wind ganze Bettstücke aus den Kammern fort.
Der Morgen des 7. Januar bot in unserm Ländchen einen traurigen Anblick dar.
In Schwellbrunn, Urnäsch, Stein, Herisau, Teufen, Bühler, Speicher, Trogen und Rehetobel gab es ganze Bezirke, in denen kaum ein Haus unbeschädigt war.
In diesen und den übrigen Gemeinden waren Hunderte von Häusern und Scheunen abgedeckt, viele zerstört.
In Hundweil und Stein allein wurde die Zahl der entdachten und beschädigten Wohnungen und Ställe auf 200 berechnet.
Haslen zählte 47, Engenhütten 22 abgedeckte Firste.
Nicht weniger traurig sah es in vielen Theilen der Gemeinde Urnäsch aus und so arg denn irgendwo hatte der Sturm in Teufen gehaust, besonders in Schlatterlehn, Schönenbühl, Eggle, Feld und gegen Speicher hin.
Auch letztere Gemeinde bot dem Auge manche düstere Bilder der Zerstörung dar.
Dagegen blieb Gais merkwürdiger Weise ziemlich verschont, während der Sturm von 1821 hier am heftigsten getobt und im Schachen und Rietle fast alle Dächer abgerissen hatte.

Es bleibt uns noch übrig, den größten Schaden zu berühren, den der Sturm verursacht hat, den an Feld- und Waldbäumen. Eine vom Winde abgedeckte menschliche Wohnung ist ein trauriger Anblick und doch nicht zu vergleichen mit einem entwurzelten und geknickten Stück Wald.
Und solcher Stücke gab es am 7. Januar leider sehr viele im Lande.
Nicht nur unzählige einzelne Feld- und Waldbänme, sondern ganze Strecken Waldung waren dem Sturm zum Opfer gefallen.
Da lagen sie, Tausende von Stämmen, bis auf die letzte Wurzel der nährenden Erde entrissen, oben am Wipfel, in der Mitte, an der Wurzel entzweigebrochen,
durcheinandergeworfen oder in einer Richtung neben einander den Boden bedeckend wie Leichen auf dem Schlachtfeld.
So umfaßlich groß war die Gewalt des Sturmes, daß er die mächtigsten Tannen mit Wurzeln und Erde futzweit erst in die Höhe riß und dann zur Erde niederschmetterte.
Wer es mit eigenen Augen und Ohren sah und hörte, wie der Föhn die Wälder lichtete, ein Stamm nach dem andern krachend stürzte, dem werden jene Augenblicke unvergeßlich sein!
Am meisten litten in dieser Beziehung die Gemeinden Urnäsch, Stein, Hundweil, Teufen und Trogen.

Historische Quellen

Interna

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