19570621 01 Hagelunwetter Zürcher Oberland: Unterschied zwischen den Versionen

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lange Zeit einen Eisklumpen von 540 g
lange Zeit einen Eisklumpen von 540 g
Gewicht im Kühlschrank auf) verwüsteten die
Gewicht im Kühlschrank auf) verwüsteten die
Felder und Gärten zur Unkenntlichkeit, entlaub
Felder und Gärten zur Unkenntlichkeit, entlaubten
ten die Bäume, zertrümmerten die Ziegeldächer
die Bäume, zertrümmerten die Ziegeldächer
und schlugen Fensterscheiben, ja einzelne Jalou
und schlugen Fensterscheiben, ja einzelne Jalousieläden
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ein. Der längste Tag schien zum letzten
geworden zu sein. Lehrer Wilhelm Fischer, der
geworden zu sein. Lehrer Wilhelm Fischer, der
damalige Ortskorrespondent des «Freisinnigen»
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schrieb darüber: «Nach Stunden drückender
schrieb darüber: «Nach Stunden drückender
Schwüle zog mit einem male von Nordwesten
Schwüle zog mit einem male von Nordwesten
drohendes Sturmgewölk herauf, und um die sie
drohendes Sturmgewölk herauf, und um die siebente
bente Abendstunde brach ein Gewitter von unge
Abendstunde brach ein Gewitter von unge
wöhnlicher Heftigkeit los. Hagelschlossen fielen
wöhnlicher Heftigkeit los. Hagelschlossen fielen
in der Grösse von Hühnereiern. Von den Dächern
in der Grösse von Hühnereiern. Von den Dächern
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den Strassen lagen abgehackte Baumäste und
den Strassen lagen abgehackte Baumäste und
Zweige haufenweise. Die heftige Kanonade der
Zweige haufenweise. Die heftige Kanonade der
überall einsetzenden Hagelabwehr erwies sich ge
überall einsetzenden Hagelabwehr erwies sich gegen
gen das Wüten der wilden Elemente als fast wir
das Wüten der wilden Elemente als fast wir
kungslos. Noch eine Stunde nach dem Verrau
kungslos. Noch eine Stunde nach dem Verrauschen
schen des Gewitters zeigten die Wiesen eine
des Gewitters zeigten die Wiesen eine
weisse Decke, und eisige Nebelschwaden geister
weisse Decke, und eisige Nebelschwaden geisterten
ten sturmgepeitscht über die niedergewalzten
sturmgepeitscht über die niedergewalzten
Kornfelder. Eine Amsel sitzt mit zerschlagenem
Kornfelder. Eine Amsel sitzt mit zerschlagenem
Rücken auf einem vorspringenden Dachbalken
Rücken auf einem vorspringenden Dachbalken
und äugt hilflos zu ihrem Neste hinauf- ein klei
und äugt hilflos zu ihrem Neste hinauf- ein kleines
nes Leid neben all den vielen zerstörten Hoffnun
Leid neben all den vielen zerstörten Hoffnun
gen der Gartenbesitzer und des Landmannes. Der
gen der Gartenbesitzer und des Landmannes. Der
heftig rauschende Regen drang durch die undicht
heftig rauschende Regen drang durch die undichtgewordenen
gewordenen Dächer in die Zimmer der Wohn
Dächer in die Zimmer der Wohnstätten und richtete
stätten und richtete dort weiteren Schaden an.»
dort weiteren Schaden an.»
...und tags darauf: «Grosse Schäden sind auch
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beim Ritterhaus zu verzeichnen. Der Hof ist
beim Ritterhaus zu verzeichnen. Der Hof ist
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fuhren durch das Dorf, ziegel- und schindelbeladene
fuhren durch das Dorf, ziegel- und schindelbeladene
Fuhrwerke durch die Strassen. Die älteren
Fuhrwerke durch die Strassen. Die älteren
Schüler werden spontan zum Ziegelbieten einge
Schüler werden spontan zum Ziegelbieten eingesetzt
setzt
 
Ich selber war mit einer sechsten Klasse am 21.
Ich selber war mit einer sechsten Klasse am 21.
Juni in der Bergschulwoche auf Mettmenalp im
Juni in der Bergschulwoche auf Mettmenalp im
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heimreisten und bei der Einfahrt in Bubikon die
heimreisten und bei der Einfahrt in Bubikon die
grauenhaften Verwüstungen sahen, brachen die
grauenhaften Verwüstungen sahen, brachen die
meisten Kinder in Weinen aus. Beim alten Schul
meisten Kinder in Weinen aus. Beim alten Schulhaus
haus türmten sich Mahden zerschlagener Ziegel
türmten sich Mahden zerschlagener Ziegel
und Scherben auf. In unserer Küche hatte ein Eis-
und Scherben auf. In unserer Küche hatte ein Eisklumpen
klumpen den Jalousieladen durchschlagen und im
den Jalousieladen durchschlagen und im
Frigidaire eine faustgrosse Beule eingedrückt.
Frigidaire eine faustgrosse Beule eingedrückt.
Und der Garten? Es war kaum zu unterscheiden,
Und der Garten? Es war kaum zu unterscheiden,
was am Vortag noch Salat, Kohl oder Zwiebel ge
was am Vortag noch Salat, Kohl oder Zwiebel gewesen
wesen war. Die Gartenbeete bildeten eine braun
war. Die Gartenbeete bildeten eine braun
grüne Brühe. Himbeer- und Johannisbeerstauden
grüne Brühe. Himbeer- und Johannisbeerstauden
waren bis auf kurze Stummel zusammengehackt,
waren bis auf kurze Stummel zusammengehackt,
die Bäume entlaubt, und Rindenfetzen hingen
die Bäume entlaubt, und Rindenfetzen hingen
von Zweigen und Ästen.
von Zweigen und Ästen.
Unverzüglich setzten die Hilfsmassnahmen
Unverzüglich setzten die Hilfsmassnahmen
ein. Equipen von Dachdeckern — über hundert
ein. Equipen von Dachdeckern — über hundert
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worden - machten sich an die ersten Arbeiten,
worden - machten sich an die ersten Arbeiten,
deckten notdürftig mit geliehenen Blachen die
deckten notdürftig mit geliehenen Blachen die
Dächer; Glaser ersetzten die zersplitterten Fen
Dächer; Glaser ersetzten die zersplitterten
sterscheiben. In den Wiesen, Äckern und Gärten
Fensterscheiben. In den Wiesen, Äckern und Gärten
gings an die Aufräumarbeiten; soweit es noch
gings an die Aufräumarbeiten; soweit es noch
möglich war, wurden Neusaaten vorgenommen.
möglich war, wurden Neusaaten vorgenommen.
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Jahre hinaus aus. Viele mussten gefällt werden.
Jahre hinaus aus. Viele mussten gefällt werden.
Wohl deckten Versicherungen und Hilfsgelder
Wohl deckten Versicherungen und Hilfsgelder
des Kantons die in die Millionen gehenden Schä
des Kantons die in die Millionen gehenden Schäden;
den; alles war aber nicht zu ersetzen. Immerhin
alles war aber nicht zu ersetzen. Immerhin
ein Gutes bewirkte das bittere Unglück: Gegen
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seitige Hilfe wurde zur Selbstverständlichkeit."<br/>
seitige Hilfe wurde zur Selbstverständlichkeit."<br/>

Version vom 31. Januar 2014, 14:01 Uhr

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Historische Berichte:

"Am Abend des 21. Juni 1957 zwischen 19 und 19.30 Uhr tobte ein heftiger Hagelsturm über den Zürcher Gemeinden Hombrechtikon, Hinwil, Dürnten, Rüti, Bubikon, Gossau und Grüningen.

Bis zu 540 Gramm schwere Hagelbrocken zerstörten damals Tausende von Dächern und Fensterscheiben und richteten grosse Verwüstung an Gärten und Ackerland an.

In den neun Gemeinden, in denen das Unwetter durchzog, waren 1128 Hausbesitzer mit total 2273 Gebäuden betroffen. Der finanzielle Gesamtschaden belief sich auf - damals dramatisch hohe - 1.3 Millionen Franken. Laut Berichten gab es auch einige Verletzte.

Der aussergewöhnliche Hagelsturm löste im Übrigen einen regelrechten Katastrophentourismus aus."

Quelle: Der Freisinnige



"Als das wohl schrecklichste Unwetter muss dasjenige vom 21. Juni 1957 bezeichnet werden. Eigrosse Hagelschlossen (die Löwenwirtin bewahrte lange Zeit einen Eisklumpen von 540 g Gewicht im Kühlschrank auf) verwüsteten die Felder und Gärten zur Unkenntlichkeit, entlaubten die Bäume, zertrümmerten die Ziegeldächer und schlugen Fensterscheiben, ja einzelne Jalousieläden ein. Der längste Tag schien zum letzten geworden zu sein. Lehrer Wilhelm Fischer, der damalige Ortskorrespondent des «Freisinnigen» schrieb darüber: «Nach Stunden drückender Schwüle zog mit einem male von Nordwesten drohendes Sturmgewölk herauf, und um die siebente Abendstunde brach ein Gewitter von unge wöhnlicher Heftigkeit los. Hagelschlossen fielen in der Grösse von Hühnereiern. Von den Dächern trommelte es wie Maschinengewehrfeuer. Ziegel und Fensterscheiben barsten in grosser Zahl. Die Hausplätze waren übersät von Trümmern, und auf den Strassen lagen abgehackte Baumäste und Zweige haufenweise. Die heftige Kanonade der überall einsetzenden Hagelabwehr erwies sich gegen das Wüten der wilden Elemente als fast wir kungslos. Noch eine Stunde nach dem Verrauschen des Gewitters zeigten die Wiesen eine weisse Decke, und eisige Nebelschwaden geisterten sturmgepeitscht über die niedergewalzten Kornfelder. Eine Amsel sitzt mit zerschlagenem Rücken auf einem vorspringenden Dachbalken und äugt hilflos zu ihrem Neste hinauf- ein kleines Leid neben all den vielen zerstörten Hoffnun gen der Gartenbesitzer und des Landmannes. Der heftig rauschende Regen drang durch die undichtgewordenen Dächer in die Zimmer der Wohnstätten und richtete dort weiteren Schaden an.» ...und tags darauf: «Grosse Schäden sind auch beim Ritterhaus zu verzeichnen. Der Hof ist schuhhoch mit Ziegelbrocken übersät (50000 Ziegel waren zerborsten), und unzählige Scheiben mit der kostspieligen Wabenverglasung sind in die Brüche gegangen... Es ist verständlich, dass das Jugend- und Dorffest in Wolfhausen abgesagt wurde. Zu festlichem Treiben verspürte jetzt wohl niemand Lust... Grosse Lastwagen mit Ziegeln fuhren durch das Dorf, ziegel- und schindelbeladene Fuhrwerke durch die Strassen. Die älteren Schüler werden spontan zum Ziegelbieten eingesetzt.»

Ich selber war mit einer sechsten Klasse am 21. Juni in der Bergschulwoche auf Mettmenalp im Glarnerland. Als wir am Samstagnachmittag heimreisten und bei der Einfahrt in Bubikon die grauenhaften Verwüstungen sahen, brachen die meisten Kinder in Weinen aus. Beim alten Schulhaus türmten sich Mahden zerschlagener Ziegel und Scherben auf. In unserer Küche hatte ein Eisklumpen den Jalousieladen durchschlagen und im Frigidaire eine faustgrosse Beule eingedrückt. Und der Garten? Es war kaum zu unterscheiden, was am Vortag noch Salat, Kohl oder Zwiebel gewesen war. Die Gartenbeete bildeten eine braun grüne Brühe. Himbeer- und Johannisbeerstauden waren bis auf kurze Stummel zusammengehackt, die Bäume entlaubt, und Rindenfetzen hingen von Zweigen und Ästen.

Unverzüglich setzten die Hilfsmassnahmen ein. Equipen von Dachdeckern — über hundert waren aus dem ganzen Kanton zur Hilfe gerufen worden - machten sich an die ersten Arbeiten, deckten notdürftig mit geliehenen Blachen die Dächer; Glaser ersetzten die zersplitterten Fensterscheiben. In den Wiesen, Äckern und Gärten gings an die Aufräumarbeiten; soweit es noch möglich war, wurden Neusaaten vorgenommen. Der Schaden an den Obstbäumen wirkte sich auf Jahre hinaus aus. Viele mussten gefällt werden. Wohl deckten Versicherungen und Hilfsgelder des Kantons die in die Millionen gehenden Schäden; alles war aber nicht zu ersetzen. Immerhin ein Gutes bewirkte das bittere Unglück: Gegen seitige Hilfe wurde zur Selbstverständlichkeit."

Quelle: http://www.bubikon.ch/images/content/gemeinde/heimatbuecher/Bubikon_Wolfhausen_1_061_066.pdf



Aufruf:
Falls Sie weitere Informationen zu diesem Unwetter wie zum Beispiel eine Kopie des Artikel aus dem Zürcher Oberländer mit der Überschrift "Vor 50 Jahren fegte das bisher schlimmste Hagelgewitter über das Zürcher Oberland" besitzen, melden Sie sich bitte auf meldung(at)sturmarchiv.ch. Besten Dank!