19830706 01 Flood Reutigen BE: Unterschied zwischen den Versionen

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== Quick Facts ==
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==Ereignis==
==Ereignis==
''Auszug aus dem "Thuner Tagblatt" vom 08.07.1983''<br/><br/>
'''6. Juli 1983: Schweres Unwetter in Reutingen'''
'''"Ein solches Gewitter habe ich noch nie erlebt"'''<br/>
In der Mittwochnacht heulten in Reutigen die Feuerwehrsirenen:<br/>
Ein schweres Gewitter in den Abendstunden liess die Bäche des Dorfes über die Ufer treten, Keller, Kulturland und Strassen wurden überschwemmt oder von meterhohem Geschiebe verschüttet.<br/>
Der 80-jährige Reutiger Herrmann Liechti zum TT: "Ich wohne seit meiner Jugend hier - aber so ein Gewitter habe ich noch nie erlebt."<br/><br/>
 
Stunden, bevor über Reutigen heftiger Regen und Hagelschlag niederging, braute sich über der Günzenen und dem Längenberg eine aussergewöhnliche Wettersituation zusammen:<br/>
Die Gewitterwolken blieben über dem Dorf hängen und entluden sich nach 20 Uhr mit voller Wucht.<br/>
Dann ging alles blitzschnell: Die Männer der Feuerwehr Reutigen und der Betriebsfeuerwehr der Pulverfabrik Wimmis eilten zu den gefährdeten Stellen,<br/>
wo der "Chratzhaltengraben" und der "Plachtigraben" die Hauptstrasse überqueren.<br/>
Die Naturgewalten machten indessen die Anstrengungen der Männer zum Teil zunichte: Innert weniger Minuten verstopften Holz und Steine im oberen Dorfteil das Bachbett des Chratzhaltengrabens, das aufgestaute Geschiebe und Geröll riss über dem Dorf eine Brücke weg,<br/>
verschüttete mit Tonnen von schlammigem Dreck die Hauptstrasse bei den beiden Brücken und Fluten verwüsteten Keller und Kulturland im Oberdorf.<br/><br/>
'''Lichter gingen aus'''<br/>
Die Dorfkäserei und deren Käsekeller stand bis zu zwei Metern unter Wasser, gegen neunzig der sorgfältig gehegten Laibe schwammen in der braunen Brühe.<br/>
Zahlreiche Garagen und Keller pumpten die Feuerwehrleute in pausenlosem Einsatz aus.<br/>
Eine weitere Erschwernis für die rund einhundert eingesetzten Helfer:<br/>
Von 21.30 Uhr bis nach Mitternacht gingen in Reutigen die Lichter aus, weil im Hani ein umstürzender Baum die Stromleitung unterbrochen hatte.<br/>
Spontane Hilfe leisteten zudem die Wehrmänner einer in Reutigen stationierten Panzerabwehr-WK-Einheit, die zum Teil im Ausgangstenue Pickel und Schaufel schwangen.<br/><br/>
'''Gegen 100 Mann im Einsatz'''<br/>
Feuerwehr-Vizekommandant Klaus Baur zum TT: "Alle verfügbaren Männer waren im Einsatz, wir haben alles versucht, um die Wassermassen unter Kontrolle zu kriegen.<br/>
Das war das schlimmste Gewitter seit vierzig Jahren!".<br/>
Und Fritz Beck, der ein Haus bei der Chratzhaltengraben-Brücke an der Hauptstrasse bewohnt, konnte nur noch einige Bretter zum Schutz der Garagen hinstellen:<br/>
Das Geschiebe des wildgewordenen Baches verschüttete die Strasse vor seiner Haustüre,<br/>
die Fluten strömten am Haus vorbei, überfluteten Keller und Garage und setzten Kulturland unter Wasser.<br/><br/>
'''Zwei Stunden langes Inferno'''<br/>
Zwei Stunden lang peitschten sintflutartige Regenfälle, begleitet von Hagelschlag, auf das Dorf im Stockental.<br/>
Dabei beobachtete Werner Thönen ein faszinierendes Wetterphänomen:<br/>
"Nur wenige Zentimeter über dem Boden entluden sich grelle Blitze und bildeten grosse, helle Feuerbälle.
Das Spektakel war erst nach 22 Uhr vorbei."<br/>
Die ganze Nacht über waren Wachtmannschaften der Feuerwehr auf Pikett.<br/>
Am Donnerstagmorgen um 5 Uhr besprach der Krisenstab der Gemeinde den Fortgang der Aufräum- und Bergungsarbeiten.<br/><br/>
'''Schaden in Millionenhöhe'''<br/>
Den Aufräumungsmannschaften bot sich gestern im Morgengrauen ein düsteres Bild:<br/>
Oberhalb des Dorfes, wo der Plachtigraben über die Ufer getreten war, lagen ganze Baumstämme, Baumstrünke, Steine, Geröll und sandiger Schlamm auf den Kulturfeldern.<br/>
"Der Schaden ist noch nicht abzuschätzen, doch dürften es Millionen sein", meinte Amtsverweser Armin Baur zum TT.<br/>
"Ich werde versuchen, für die Räumung der Felder Militär zu bekommen", fuhr er fort.<br/><br/>
Die tobenden Wassermassen rissen auch den Teerbelag des Grodweges oberhalb des Dorfes auf.<br/>
Viele Keller, Garagen und Ställe des Oberdorfes pumpten gestern morgen die Helfer aus dem ganzen Dorf aus.<br/>
Deprimierte Frauen standen vor ihren liebevoll gepflegten Blumen- und Gemüsegärten, wo das Gemüse und die Blumen vom heftigen Hagelschlag und den Wassermassen vernichtet wurden.<br/>
Die Feuerwehr und das Militär kratzten den zähen Schlamm von den Strassen und Plätzen.<br/>
An der Dorfgrenze zu Niederstocken, wo der Chratzhaltengraben am Vorabend über die Ufer getreten war und die ganze Strasse verschüttet hatte,<br/>
standen ein Bulldozer und ein Bagger im Einsatz; sie trugen den meterhohen Geröllwall ab.<br/>
Lastwagen brachten das Geröll pausenlos in die Kiesgrube Reutigen.<br/><br/>
'''"Machtlos vor Naturgewalten"'''<br/>
Unmittelbar neben dem Chratzhaltengraben wohnt Margaretha Thönen, deren Haus im untern Teil unter Wasser steht.<br/>
Sie verfolgte die Räumungsarbeiten und meinte traurig zum TT:<br/>
"Ich wohne seit 53 Jahren hier in Reutigen und bin an schwere Gewitter gewöhnt, doch ein solch heftiges Unwetter wie gestern Abend habe ich noch nie erlebt.<br/>
Alles ging so schnell. Gegen solche Naturkräfte sind wir Menschen machtlos."<br/><br/>
'''Käsekeller unter Wasser'''<br/>
Arg in Mitleidenschaft wurde die Dorfkäserei gezogen.<br/>
Die Käsekeller standen am Abend zuvor bis gegen zwei Meter unter Wasser.<br/>
Gegen neunzig Greyerzer Käselaibe schwammen im schlammigen Wasser.<br/>
"Ob diese Laibe noch verkauft werden können, steht noch nicht fest", sagte Käsereigenossenschafts-Sekretär Rudolf Straubhaar zum TT.<br/>
"Eventuell können die Greyerzer Käse noch zu Weichkäse verarbeitet werden", bemerkte Käsereimeister Ulrich Schneider.<br/>
Gegen Mittag haben die starken Männerhände den grössten Schlammbelag von der Strasse abgetragen.<br/>
Hinten beim Chratzhaltengraben hat sich der Bulldozer durch die Gesteinsmassen "durchgefressen".<br/>
Über die erstellte Notbrücke kann der Durchgangsverkehr durchs Stockental nun wieder aufgenommen werden.<br/>
Doch die Aufräumungsarbeiten gehen im ganzen Oberdorf weiter.<br/>
"Bis alles wieder einigermassen instandgestellt ist wird es noch Wochen dauren", hält Feuerwehr-Vizekommandant Klaus Baur gegenüber dem TT fest.<br/><br/>
'''Teure Verbauungen'''<br/>
Die Reutiger sind sich wohl über die Kraft des Plachtigrabens und des Chratzhaltengrabens bei Gewittern bewusst.<br/>
Die Schwellengemeinde Reutigen hat denn auch in den letzten Jahren viel Geld für die Verbauung der beiden Bäche ausgegeben.<br/>
Erst am vergangenen Montag hat die Schwellengemeinde einen Kredit von 850'000 Franken für die weitere Verbauung des Plachtigrabens gesprochen.<br/>
"Solch grosse Geldbeträge sind jedoch auf die Dauer für die Schwellengemeinde Reutigen untragbar", äusserte sich gestern Amtsverweser Armin Baur besorgt zum TT.<br/>


Quelle: [http://www.reutigen.ch/Gemeinde/allg.%20Angaben/Unwetter/Zeitungsausschnitte.htm#Auszug%20aus%20dem%20%22Thuner%20Tagblatt%22%20vom%2008.07.1983 "Ein solches Gewitter habe ich noch nie erlebt"]<br/>
==Zeitungsartikel==
[[Datei:19830706 01 Flood Reutigen BE Thuner Tagblatt 08.07.83.jpg|698px]]<br>
[[Datei:19830706 01 Flood Reutigen BE Thuner Tagblatt 2 08.07.83.jpg|1100px]]<br>
Quelle: Thuner Tagblatt, 8. August 1983<br><br>


==Bilder==
==Bilder==
 
[[File:19830706_01_Flood_Reutigen_BE_01.jpg|602px]]<br><br>
Bildquelle: [http://www.reutigen.ch/Gemeinde/allg.%20Angaben/Unwetter/unwetter-frame.htm Fotos Gemeinde Reutingen]<br/><br/>
[[File:19830706_01_Flood_Reutigen_BE_02.jpg|602px]]<br><br>
[[File:19830706_01_Flood_Reutigen_BE_03.jpg|602px]]<br><br>
[[File:19830706_01_Flood_Reutigen_BE_04.jpg|602px]]<br>
Bildquelle: [http://www.reutigen.ch/de/ Fotos Gemeinde Reutingen]<br><br>


==Messdaten==
==Messdaten==
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==Betroffene Gewässer==
==Betroffene Gewässer==
Chratzhaltengraben und Plachtigraben
Chratzhaltengraben und Plachtigraben
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== Medienlinks ==
== Medienlinks ==
[http://www.gersau-2014.ch/downloads/die-gersauer-dorfbaeche.pdf Die Gersauer Dorfbäche, Marzell Camenzind]<br/>
© MeteoSchweiz [http://www.meteoschweiz.admin.ch/product/input/documents/annals/annalen-1983.pdf ANNALEN der SCHWEIZERISCHEN METEOROLOGISCHEN ZENTRAL-ANSTALT 1983]<br/><br/>
* [https://www.e-newspaperarchives.ch/ e-newspaperarchives.ch]<br/>


==Interna==
==Interna==
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Aktuelle Version vom 8. Oktober 2022, 09:00 Uhr

Quick Facts

Type of Event Flash Flood
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Reutingen (BE)
Time / Duration Approx. 20.00 - 21.00 local time
Date 06.07.1983
Magnitude / Dimension > 50mm of rain in 1 hour,
Damage flooded streets, homes and maedows, blocked streets
Fatalities -
Injuries -
Report Source Newspaper report, photos
Remarks -

Ereignis

6. Juli 1983: Schweres Unwetter in Reutingen

Zeitungsartikel



Quelle: Thuner Tagblatt, 8. August 1983

Bilder








Bildquelle: Fotos Gemeinde Reutingen

Messdaten

keine bekannt

Betroffene Gewässer

Chratzhaltengraben und Plachtigraben

Medienlinks

© MeteoSchweiz ANNALEN der SCHWEIZERISCHEN METEOROLOGISCHEN ZENTRAL-ANSTALT 1983

Interna

SSWD Main Editor Kaiko Last Edit 03.11.2015 Last Review 09.05.2021 Documentation State Ready for Review