20100722 01 Downburst Aegerital

Aus Schweizer Sturmarchiv
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Quick Facts

Type of Event Wet Microburst
Verification State QC1
ESWD Not reported
Location Horw (LU), Kriens (LU), Kastanienbaum (LU), Arth (SZ), Morgarten (ZG), Rothenthurm (SZ)
Time / Duration 14.00 - 17.00 UTC
Date 22.07.2010
Path direction Southwest to Nordeast
Path length Length: 100 km (rough estimation)
Magnitude / Dimension widespread wind gusts of 100 - 130 km/h, locally 150 - 200 km/h
Damage trees downed, roof damage on buildings, blocked streets, broken power poles
Fatalities -
Injuries -
Report Source Data from weather stations, reports in a weather forum, photos
Remarks -

Ereignis

Eine starke Gewitterzelle ist vom Raum Freiburg/Bern via Zentralschweiz Richtung Ostschweiz gezogen.
Die heftigen Unwetter sorgten in den Kantonen Luzern, Schwyz und Zug für überschwemmte Strassen und Keller sowie für Schäden an Natur und Gebäuden.

Benken SG um ca. 17:42 Uhr: Aufzug der Superzelle am oberen Ende des Zürichsees:

© Sturmforum

Die bedeutendsten Sturmschäden wurden in einem Bereich zwischen Morgarten (ZG) und Rothenturm (SZ) verzeichnet, insbesondere in einem erhöht gelegenen Gebiet genannt "Siedlung" oberhalb von Morgarten (ZG).

Der Sturm vom 22. Juli 2010 fegte mit Spitzengeschwindigkeiten von 180 bis 200 Kilometern pro Stunde über das Aegerital.
Er hinterliess im Wald ein Bild der Zerstörung und richtete für Waldeigentümerinnen und -eigentümer beträchtliche Schäden an.
Hauptgeschädigte ist die Korporation Oberägeri. Zum Glück wurden nur Teilgebiete der Gemeinden im Aegerital vom Sturm heimgesucht.
Die Wälder konnten den starken Windböen und dem kräftigen Hagelschlag nicht trotzen. Zahlreiche Bäume im Wald brachen oder wurden mit den gesamten Wurzeln umgeworfen.
Die Rinde vieler noch stehender Bäume ist vom Hagel stark beschädigt. Nach Schätzungen des Kantonsforstamtes beträgt die totale Schadenmenge etwa 8'500 Kubikmeter Holz.
Dies entspricht ca. 10 Prozent der durchschnittlich genutzten Holzmenge pro Jahr im gesamten Zuger Wald.


Quelle: Direktion des Innern Kanton Zug

Augenzeugenberichte

Als ich um 17 Uhr in Zug aufbrach in Richtung Sattel ahnte ich noch nicht, dass die Heimfahrt 2,5h dauern würde, normalerweise fahre ich die Strecke in max 30 min.
Bis Oberägeri lief alles gut, in Oberägeri war dann die Strasse nach Sattel gesperrt, umgefallene Bäume. Der Raten war frei, allerdings sagte man uns, die Strecke Biberbrugg-Rothenturm sei gesperrt.
Wir haben somit umgedreht und sind zurück nach Unterägeri, von dort kenn ich einen Weg der über die andere Seeseite, oben dem Berg entlang, gegen Morgarten führt.
Nachdem wir auf dem Bergrücken angelangt waren, lagen uns einige übel umgeworfene Bäume im Weg, auch Hagel war noch deutlich zu sehen, und das ca. 1,5 h nach dem Unwetter.
Die Bäume waren mit samt Wurzeln umgeworfen, einer sogar abgebrochen wie ein Streichholz. Da oben muss es unglaublich gewütet haben.
An ein Weiterkommen war also nicht zu denken. Alle Autos mussten umdrehen und wir sind zurück nach Zug, Walchwil, Goldau und dann nach Sattel hoch. Eine halbe Weltreise.
Kai aus Sattel, Schwyz



Ich komme gerade von einem Schadenchasing aus der Region Sattel zurück. Als Erstes war ich in Einsiedeln wo die Hagelhaufen teilweise noch über 1m hoch waren.
Danach fuhr ich in Richtung Rothenthurm und sah auf der rechten Talseite eine frische Waldschneise.
Ich sah mir das dann genauer an und entdeckte das gesamte Ausmass der Sturmschäden dort oben auf dem Hügel zwischen Rothenturm und Oberägeri nur langsam.
Es liegen weit über 1'000 Bäume am Boden. Ein Dach wurde schwer beschädigt und die Trümmer flogen über 500m weit. Es wurden auch reihenweise Strommasten geknickt.
Ich gehe davon aus, dass es sich um einen schweren Downburst mit Windgeschwindichkeiten von >150km/h gehandelt haben muss.

Ich habe noch mit einem Landwirt der dort wohnt gesprochen, welcher seine Werkstatt aufräumte da der Sturm das Dach fortgerissen hatte, und das Unwetter erlebt hatte.
Er sagte, vor dem Gewitter hätten sie noch Föhn und Bise gehabt, ich deute die Bise mal als Inflow, danach sei blitzschnell eine schwarze Wand aufgezogen.
Ich fragte noch ob er Rotation feststellen konnte, aber er verneinte, die Wolkenbasis sei aber sehr tief gewesen.
Darauf sei ein Sturm losgebrochen wie er ihn noch nie gesehen und erlebt habe (er hat auch den Lothar erlebt der einiges an Wald zerstörte).
Er schätzt die Windgeschwindichkeit auf mind. 150km/h, eher 200km/h, die Sichtweite sei auf 2m gesunken.
Nach 5 Minuten sei das ganze vorbei gewesen und es habe totenstille geherrscht, es sei kein Lüftchen mehr gegangen.
Den Hagel schätzte er auf ca. 3cm Durchmesser.
Regen muss es auch extrem viel gegeben haben. Es kam von überall Wasser, was ich auch an der teilweise plattgedrückten Wiese feststellen konnte.
Ich würde die Regenmenge auf ca. 30mm in 5min schätzen, ich kann mir das eigentlich gar nicht vorstellen aber es scheint so gewesen zu sein.
Was mich auch ins Staunen brachte, dass die ganze Wiese im Gebiet praktisch zerstört wurde, die Grashalme wurden auf Bodenhöhe abgeschlagen und plattgedrückt.
In der Nähe des Waldes habe ich leider noch eine tote Katze gefunden, die vom Sturm übel erschlagen wurde.
Christian Hunkeler

Schäden

Kanton Luzern

In Horw mit Blickrichtung Krienser Boden waren die geknickten Bäume ein Augeschein wert.
Selbst aus anständiger Distanz waren die Schäden nicht zu übersehen:



© Silas Walther

In Horw LU entstand dieser Dachschaden

© Leserreporter

Kanton Zug
















© Christian Hunkeler








© Christian Hunkeler

Vergleich der windabgewandten und der dem Wind- und Hagel zugewandten Seite eines noch stehenden Strommastens:


Vergleich der windabgewandten und der dem Wind- und Hagel zugewandten Seite einer Birke:

© Christian Hunkeler


Sturmschaden aus Morgarten

© Leserreporter 20 Minuten

Durch Baum zerstörter PKW in Morgarten



© Kapo Zug

Sturmschäden im Ägerital auf der Strecke von Zug in Richtung Sattel







© Kai, Sattel SZ

Kanton Schwyz






© Christian Hunkeler

Zerstörte Scheune oberhalb von Altendorf

© Leserreporter 20 Minuten

Radarbilder

Animation 15.50 Uhr bis 16.20 Uhr MESZ

© Meteoradar

Zoomanimation 15.50 Uhr bis 16.20 Uhr MESZ

© Meteoradar / Quelle: Donnerradar (kostenpflichtig)

Animation 16.10 Uhr bis 16.30 Uhr MESZ

© MeteoSchweiz

Animation 15.00 bis 16.00 Uhr MESZ:

Animation 16.00 bis 17.00 Uhr MESZ:

© Meteoradar

Analysen

Radarloop original MeteoSchweiz mit den 3D-Profilen 1530-1630 Uhr

Quelle: MeteoSchweiz/meteoradar

Zur Interpretation:
- Bildung einer vorübergehenden "Bow-Echo" Struktur, deutet auf Starkwind/Downburst hin.
- Neuanbau auf der Ostseite der Zelle. Die höchste Echostufe steigt auf 12 km, also vorübergehend sehr starke Aufwinde.
Diese Phase fällt oft mit grossen Sturmschäden am Boden zusammen, wurde bei einigen Superzellen der 90er-Jahre beobachtet.
Willi Schmid


Messdaten

Übersicht Windspitzen > 85 km/h (Beaufort 10) am 22.07.2010

© Kai Kobler >> Link zu interaktiver Karte

Die Wetterstation Schmerikon SG registrierte eine Maximalböe von 133km/h

Videos

Medienlinks

Diskussion im Sturmforum Schweiz:
Gewitter/Unwetter 22.07.2010

Interna

SSWD Main Editor Kaiko Last Edit 05.12.2017 Last Review 25.02.2018 Documentation State Ready for Review